OSZE-Treffen in Hamburg Mehr als 200 Polizisten pro Minister

Hamburg (dpa) - Man kann vor dem Treffen der OSZE-Außenminister, das heute in Hamburg beginnt, eine ziemlich einfache Rechnung aufmachen.

Auf Einladung von Frank-Walter Steinmeier kommen aus den insgesamt 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) knapp 50 Minister in die Hansestadt. Damit nichts passiert, sind mehr als 10 500 Polizisten im Einsatz. Macht pro Minister mehr als 200 Beamte.

Das enorme Sicherheitsaufgebot hat nicht nur mit der Prominenz der Teilnehmer (unter anderem John Kerry aus den USA, der gerade auf Abschiedstour ist, sowie sein Gegenspieler Sergej Lawrow aus Russland) zu tun. Das Treffen ist auch die Generalprobe für den Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20), der im Juli 2017 ebenfalls in den Hamburger Messehallen stattfindet - dann zum ersten Mal mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump.

Manche vermuten, dass die linke Szene deshalb jetzt schon aktiv werden könnte. Der Spruch, die Messe liege schließlich „nur einen Steinwurf“ vom Schanzenviertel entfernt, wo viele Szeneleute zuhause sind, macht in Hamburg jedenfalls längst die Runde. Die Polizei geht einstweilen aber davon aus, dass es diese Woche friedlich bleibt. Offiziell angemeldet sind bislang nur fünf kleinere Demonstrationen. Am Mittwoch blieb es bis zum Abend völlig ruhig.

Der Kontakt der Minister zur Bevölkerung ist trotzdem auf ein Minimum reduziert - ähnlich wie im September in Potsdam, wo die Innenstadt wegen der OSZE in eine Hochsicherheitszone verwandelt wurde. Bei den Arbeitssitzungen, beim Mittagstisch im Ruderclub „Germania“, beim Dinner im Rathaus, bleiben Steinmeier, Kerry, Lawrow und Co. unter sich. Der Brite Boris Johnson, der in Potsdam noch das Hohelied auf die OSZE gesungen hatte, reist gar nicht erst an.

Und was kommt bei dem zweitägigen Treffen heraus? Vermutlich nicht allzu viel. Trotz bester Vorsätze und einiger Anstrengungen - Steinmeier besuchte als amtierender OSZE-Vorsitzender in den letzten Monaten alle Konfliktgebiete persönlich - dürfte die Bilanz des einjährigen deutschen Vorsitzes mittelprächtig ausfallen. Vielleicht war 2016 mit all seinen neuen Krisen, von Brexit bis Türkei, auch einfach kein gutes Jahr, um die Dinge voranzubringen.

Falls nicht noch ein Wunder passiert, werden sich die 57 OSZE-Staaten auch in Hamburg nicht auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. Das Konsensprinzip der OSZE - wirklich alle müssen zustimmen - verhindert dies schon seit vielen Jahren. Zum letzten Mal gelang es 2002. Steinmeier appellierte an die Teilnehmer am Mittwoch aber trotzdem: „Wir brauchen eine starke OSZE, gerade in diesen stürmischen Zeiten.“

Dabei kann die Organisation, deren Ursprünge bis 1975 zurückreichen, in die Hochzeit des Kalten Kriegs, ohnehin keine rechtsverbindlichen Beschlüsse fassen, sondern nur politische Bekenntnisse formulieren. Trotzdem blockieren sich die OSZE-Staaten immer wieder gegenseitig - wie zu Beispiel im Ukraine-Konflikt Kiew und Moskau. Deshalb wird es zum Abschluss lediglich ein „Statement des Vorsitzes“ (also Deutschlands) geben sowie eine Reihe von anderen Papieren dazu.

Russlands Außenminister Lawrow gehört übrigens schon seit vielen Jahren zu den wenigen Ministern, die bei solchen Treffen bis kurz vor Schluss ausharren. Viele andere werden am Freitag schon abgereist sein, wenn Steinmeier den Vorsitz an den österreichischen Kollegen Sebastian Kurz weitergibt. Und das Zahlenverhältnis Minister zu Polizisten wird dann noch krasser sein als 1 zu 200.

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