Im Gespräch: „Frauen sind nicht weniger fanatisch“

Bremen (dpa) - Frauen haben bei Straftaten in der Neonazi-Szene nach neuesten Erkenntnissen bereits einen Anteil von zehn Prozent. „Der Anteil hat sich damit innerhalb weniger Jahre verdoppelt“, sagte die Extremismus-Expertin Andrea Röpke am Dienstag in Bremen der Nachrichtenagentur dpa.

Die für ihre Reportagen über die Neonazi-Szene mehrfach ausgezeichnete Journalistin und Politologin hat im vergangenen März das Buch „Mädelsache! - Frauen in der Neonazi-Szene“ veröffentlicht.

„Die Frauen sind nicht weniger fanatisch als die Männer“, erklärte Röpke. So habe Beate Zschäpe in den 90er Jahren als ideologische Hardlinerin des Thüringer Trios mutmaßlicher Rechtsterroristen gegolten. „Gewalt ist ohnehin Bestandteil der rechtsextremen Szene, und auch Frauen schrecken davor nicht zurück“, sagte Röpke. „Aber auch mich hat das jetzt bei der Mordserie zutage getretene Ausmaß an Kaltblütigkeit und Brutalität überrascht.“ Röpke selbst wurde bei ihrer Arbeit mehrfach tätlich angegriffen und am Rande eines konspirativen Neonazi-Treffens 2006 niedergeschlagen.

Das Klischee von der blonden Hüterin des Herdes habe Risse bekommen: „Die Frauen in der Neonazi-Szene sind ein Spiegelbild der Gesellschaft - da gibt es ganz verschiedene Erscheinungsbilder“, sagte Röpke. Von Frauen in Lack und Leder oder Skin-Girls über autonome Nationalistinnen bis zur scheinbar vorbildlichen deutschen Mutter sei alles vertreten, hat die Journalistin beobachtet.

„Im biologistischen Weltbild der Neonazis entscheidet zwar letztlich das Geschlecht über die Rolle und Position in der Szene“, sagt Röpke. Engagierte junge Frauen hätten sich jedoch durchaus Freiräume innerhalb der „Bewegung“ erkämpft: „So treten sie als Kommunalpolitikerinnen für die NPD auf oder als Rednerinnen bei Aufmärschen. Sie organisieren den "Nationalen Sanitätsdienst", veranstalten Kinderfeste oder sind eben auch an antidemokratischen, menschenverachtenden Aktionen wie den jetzt bekanntgewordenen Mordanschlägen beteiligt.“

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