Hintergrund: Weitere ungeklärte Anschläge

Berlin (dpa) - Nach der Verbrechensserie von Neonazis in Deutschland prüfen Polizei und Staatsanwaltschaft nun auch weitere ungeklärte Anschläge. Mehrere Fälle, hinter denen die Behörden einen ausländerfeindlichen Hintergrund vermuten, sind bis heute nicht gelöst.

Ob auf das Konto der rechtsextremen Gruppe aus Ostdeutschland weitere Taten gehen, ist derzeit unklar. Bei folgenden Fällen wird darüber spekuliert:

28. September und 19. Dezember 1998: Auf das Grab des früheren Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, werden innerhalb weniger Monate zwei Anschläge verübt. Unbekannte Täter sprengen im September zunächst die Grabumfassung auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg. Im Dezember zerstört eine selbst gebaute Bombe die Grabplatte Galinskis.

9. März 1999: In Saarbrücken explodiert auf der umstrittenen Wehrmachtsausstellung ein Sprengsatz. Bei dem Anschlag entsteht ein Schaden von mehr als einer halben Million Mark (rund 255 000 Euro). Die Ermittler stellen ein 17 Meter langes Elektrokabel und Teile eines Zeitzündermechanismus für die kiloschwere Bombe sicher. Die Ausstellung wird für mehrere Tage geschlossen. Trotz eines anonymen Bekennerbriefes kann die Polizei die Tat nicht aufklären.

27. Juli 2000: Bei einem Bombenanschlag an einer Düsseldorfer S-Bahn-Station werden zehn Einwanderer aus Osteuropa schwer verletzt und das ungeborene Kind einer 26-Jährigen von einem Metallsplitter getötet. Die Mehrzahl der Opfer sind jüdischen Glaubens. Die Sprachschüler kommen vom Unterricht, als die Splitterbombe explodiert. Binnen eines Jahres befragt die Polizei rund 1500 Menschen und stellt hunderte Beweismittel sicher.

19. Januar 2001: In einem Lebensmittelgeschäft in der Kölner Innenstadt explodiert ein Sprengsatz, eine 19-jährige Deutsch-Iranerin wird schwer verletzt. Die Bombe ist in einer Dose versteckt, die ein etwa 25-jähriger Mann samt Einkaufskorb im Geschäft stehen lässt - angeblich um Geld zu holen. Tage später explodiert die Dose.

16. März 2002: Am Eingang des jüdischen Friedhofes in Berlin-Charlottenburg explodiert ein Sprengsatz. Am selben Tag werden in Marzahn das Grabmal für gefallene Sowjetsoldaten mit Hakenkreuzen beschmiert und Grabsteine umgeworfen. Der Staatsschutz ermittelt wegen eines möglichen extremistischen Hintergrunds.

9. Juni 2004: Bei einer Bombenexplosion in Köln-Mülheim werden 22 Menschen verletzt. Bis auf eines sind alle Opfer Türken. Die Täter hatten die selbst gebaute Nagelbombe auf einem Fahrrad deponiert und per Fernsteuerung gezündet. Die Staatsanwaltschaft fahndet jahrelang nach zwei verdächtigen Männern zwischen 25 und 35 Jahren, die kurz vor der Explosion von einer Videokamera aufgenommen werden.

1. März 2006: In Rheda-Wiedenbrück bei Gütersloh wird ein 68-jähriger Türke mit einem Kopfschuss ermordet. Der siebenfache Familienvater wird abgefangen, als er nach dem Gebet aus einer Moschee kommt.

3. Februar 2008: Bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen kommen neun türkischstämmige Frauen und Kinder ums Leben. Insgesamt werden bei dem Feuer rund 60 Menschen verletzt. Die Brandursache bleibt unklar. Einen Anschlag schließen die Ermittler zunächst aus.

13. Dezember 2008: Unbekannte stechen den Passauer Polizeichef Alois Mannichl an seiner Haustür in Fürstenzell (Bayern) nieder. Er überlebt schwer verletzt. Hinter der Tat wird zunächst der Racheakt eines Neonazis vermutet, weil Mannichl mit seinen Beamten mehrfach gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten vorgegangen ist.

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