Gericht stoppt rot-grünen Nachtragshaushalt

Münster/Düsseldorf (dpa) - Die nordrhein-westfälische Landesregierung von SPD und Grünen hat ihren ersten Rückschlag erlitten. Allerdings nicht im Parlament, sondern mit einem Paukenschlag aus Münster: Das Landesverfassungsgericht legte den Nachtragshaushalt 2010 vorerst auf Eis.

Bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage der Opposition darf die Regierung keine weiteren Kredite für das vergangene Jahr aufnehmen. Damit setzten sich CDU und FDP, die den Antrag gestellt hatten, weitgehend durch.

Die Landtagsopposition sprach von einem „K.o.-Schlag“ für Rot-Grün unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) - auch wenn Neuwahlen nicht die zwingende Konsequenz seien. CDU-Landeschef Norbert Röttgen sieht Rot-Grün am Ende. „Die Regierung soll sich verfassungskonform verhalten oder sagen, sie ist gescheitert“, sagte er. Auf die Frage, ob er nun Neuwahlen fordere, sagte er: „Wir stehen bereit.“

Nach Umfragen können SPD und Grüne in NRW derzeit auf eine eigene Mehrheit hoffen. Kraft rechnet nicht mit Neuwahlen: „Nach allem, was ich dazu von CDU und FDP höre, gibt es dafür keine Mehrheit im Landtag.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Entscheidung nach eigener Aussage erwartet: „Das ist eine Verurteilung mit Ansage“, sagte sie nach Teilnehmerangaben am Dienstag in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. NRW-FDP-Fraktionschef Gerhard Papke sprach von der ersten schwerwiegenden Regierungskrise seit der Landtagswahl am 9. Mai 2010.

Das Parlament hatte kurz vor Jahreswechsel mit den Stimmen von SPD und Grünen sowie einiger Abgeordneter der Linken zusätzliche Kredite in Höhe von 1,8 Milliarden Euro genehmigt. Damit stieg die Neuverschuldung des Landes für 2010 auf den Rekordwert von rund 8,4 Milliarden Euro. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wollte aus den neuen Schulden 1,3 Milliarden Euro für die angeschlagene WestLB zurücklegen.

Kraft ging zum Gegenangriff über. Bei der Entscheidung der Richter sei es nicht um die Politik von Rot-Grün gegangen, sagte sie dem Sender WDR5. „Es geht um den Nachtragshaushalt 2010. In dem ist von Politik von Rot und Grün überhaupt noch gar nichts drin, sondern das ist die Endabrechnung mit der Politik von Schwarz und Gelb.“ Krafts Stellvertreterin, die Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann, schloss im „Handelsblatt“ (Mittwoch) Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt aus.

Ihre künftige Arbeit sieht die Landesregierung nicht gefährdet. Die Verfassungsrichter seien CDU und FDP lediglich dahingehend gefolgt, die Kassenbücher des Landes für das Jahr 2010 noch nicht zu schließen, sagte Walter-Borjans. Die Auflage, keine neuen Kredite auf Grundlage des Nachtrags aufzunehmen, betreffe nicht den Haushaltsvollzug. Auch die Planungen für den Etat 2011 seien von der Entscheidung nicht betroffen. Natürlich werde die Landesregierung der Anordnung aus Münster Folge leisten. Der Chef der Grünen-Fraktion, Reiner Priggen, sagte: „Die Handlungsfähigkeit der Landesregierung ist weiterhin vollständig gegeben.“

Der Verfassungsgerichtshof teilte mit, man wolle verhindern, dass die Landesregierung vollendete Tatsachen schaffe. Rot-Grün hatte zuvor argumentiert, der Nachtragsetat sei bereits vollzogen, das in Sondervermögen umgebuchte Geld könne nicht mehr zurückgebucht werden. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Es wies aber ausdrücklich darauf hin, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung das Urteil in der Hauptsache nicht vorwegnehme. Am 15. Februar steht die mündliche Verhandlung an, innerhalb von drei Monaten will Münster dann entscheiden.

Die Linkspartei reagierte gelassen. Die Gerichtsanordnung sei für Rot-Grün „völlig unschädlich“, sagte der Chef der Landtagsfraktion, Wolfgang Zimmermann, dem Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwoch).

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