Generalbundesanwalt: NSU und NPD eng verflochten

Karlsruhe (dpa) - Der Generalbundesanwalt rechnet mit weiteren Belegen für die Nähe der Neonazi-Terrorzelle zur NPD. Die Festnahme des früheren NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben am Dienstag weise klar in diese Richtung, sagte Harald Range in Karlsruhe.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, ergänzte: „Wir werden noch weitere Beziehungen zur NPD entdecken.“ Zur weiteren Aufklärung setzen die Ermittler jetzt auf eine öffentliche Fahndung. Etwa eine Handvoll weiterer Verdächtiger sei im Visier.

Range stellte aber klar, dass die Bundesanwaltschaft nicht gegen die NPD ermittelt, sondern gegen einzelne Personen, von denen die eine oder andere der NPD nahesteht. Es sei Aufgabe der Politik, daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen, fügte er mit Blick auf die Diskussion über ein neues NPD-Verbotsverfahren hinzu.

Von den Fahndungsplakaten erhoffen sich die Ermittler Aufschlüsse über Hintermänner und Unterstützer der Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Bislang seien erst knapp 250 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, sagte Ziercke. Den Ermittlern sei es noch nicht gelungen, die Stationen der Terroristen lückenlos nachzuvollziehen. Er hofft, dass sich Zeugen melden, die Informationen über Wohnungen oder mögliche Arbeitsstellen der Verdächtigen beitragen können. Aber auch Begegnungen auf Park- oder Campingplätzen könnten Aufschluss geben. „Jeder Hinweis ist uns wichtig.“

Im Kreis der Verdächtigen gibt es offensichtlich einen Mann, gegen den zurzeit intensiv ermittelt wird. Er könnte der Gruppe seine Ausweispapiere zur Verfügung gestellt haben, sagte Range. Allerdings sei die Beweisführung nicht einfach. Range deutete an, dass der Verdächtige seine Unterstützung abstreitet und angibt, er habe seine Ausweise verloren.

Ein Team von rund 420 Beamten und 10 Staatsanwälten ist zurzeit mit der Fahndung beschäftigt - und es soll noch aufgestockt werden. Die Ermittler durchforsten auch tausende alte Fälle mit rechtsradikalem Hintergrund. „Allerdings haben wir es mit einem sehr breiten Spektrum zu tun“, sagte Ziercke. Der NSU habe nicht nur gezielt zehn Morde begangen, sondern auch Splitterbomben gezündet und bei 14 Banküberfällen rund 600 000 Euro erbeutet. Es sei aber durchaus denkbar, dass ihr noch weitere Straftaten zuzurechnen seien.

Die entscheidenden Hinweise ergeben sich nach Zierckes Angaben bislang hauptsächlich aus der Auswertung von rund 2500 Beweisstücken, die vor allem in der ausgebrannten Zwickauer Wohnung der Terrorzelle gefunden wurden. „Das ist ein glücklicher Umstand.“ So sei es gelungen, 56 Fahrzeuganmietungen nachzuvollziehen, davon etwa ein Drittel Wohnmobile. Etliche Mietzeiträume passten mit Tatzeitpunkten zusammen.

Auch in diesem Zusammenhang könnten Zeugen wichtige Details liefern, sagte Ziercke. Dem Bundeskriminalamt seien bereits einige Fotos und Videos von Menschen zugeschickt worden, die sich mit den Verdächtigen bei Urlauben angefreundet hätten. Diese Bilder würden zum Teil auch für die Fahndung verwendet.

Ob die Hauptverdächtige Beate Zschäpe sowie die drei ebenfalls in Untersuchungshaft sitzenden mutmaßlichen Unterstützer ausgesagt haben oder aussagen wollen, darüber hüllte sich Range in Schweigen. Die Frage nach der Kronzeugenregelung für Zschäpe stelle sich aber derzeit nicht. Range wies zudem erneut Spekulationen zurück, der Verfassungsschutz habe Kontakte zur Terrorzelle unterhalten. Dafür gebe es bislang keine Anhaltspunkte.

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