Analyse Freundschaft mit Grenzen: Von der Leyen mahnt Trump

München (dpa) - Der Name Donald Trump kommt in der Rede von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht vor. Trotzdem handelt ein großer Teil ihrer Eröffnungsansprache zur Münchner Sicherheitskonferenz vom neuen US-Präsidenten und wie er den Rest der Welt verunsichert hat.

Die Nato sei eine Wertegemeinschaft, die in all ihrem Tun an die Würde des Menschen gebunden sei, sagt sie. „Dies lässt niemals Raum für Folter.“ Trump hat anfänglich die Nato infrage gestellt und sich sogar offen für Foltermethoden gezeigt - ein Tabubruch.

Von der Leyen sagt, der Westen müsse eine gemeinsame Russland-Strategie finden, und dürfe „nicht bilateral über die Köpfe von Partnern hinweg“ verhandeln. Das ist an die Bestrebungen Trumps gerichtet, die Beziehungen zu Moskau im Alleingang neu auszurichten.

Und dann sagt von der Leyen: „Wir sollten uns davor hüten, diesen Kampf (gegen den IS) in eine Front gegen den Islam und Muslime an sich zu verkehren. Sonst laufen wir Gefahr, die Gräben weiter zu vertiefen, aus denen Gewalt und Terror wachsen.“ Trump hat zum Schutz vor Terror einen inzwischen gerichtlich aufgehobenen Einreisestopp gegen sieben islamisch geprägte Staaten verhängt.

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist bei Spitzenpolitikern aus aller Welt auch so beliebt, weil man hier offen aussprechen kann, was man sich im politischen Alltag oft verkneifen muss. Es ist eine Veranstaltung, auf der Klartext geredet wird. Genau das macht von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede - mit einer Breitseite gegen den mächtigsten Bündnispartner Deutschlands.

Vorher war sie zwei Tage lang bei der Nato in Brüssel unterwegs und versuchte den Ärger ihres US-Amtskollegen James Mattis über die niedrigen Verteidigungsausgaben der Europäer zu beschwichtigen. Auch in München äußert sie Verständnis für die Haltung der Amerikaner. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir Investitionen in innere und äußere Sicherheit in den kommenden Jahren schneller erhöhen müssen“, sagt sie.

Die Botschaft ist klar. Ja, wir haben verstanden, dass wir mehr Lasten im Bündnis tragen müssen - und werden dies auch tun, lautet sie. Aber nein, wir werden nicht akzeptieren, wenn ein Partner die gemeinsamen Werte und Standards infrage stellt - auch nicht, wenn dieser Partner eine Weltmacht ist und USA heißt.

Offen lässt von der Leyen nur, wie das mit der schnellen Erhöhung der Verteidigungsausgaben funktionieren soll. Zuletzt hieß es selbst aus dem Ministerium immer wieder, dass zu große Sprünge ineffizient sein könnten. Das Thema bietet Stoff für den Bundestagswahlkampf. Einer Umfrage zufolge ist derzeit die Mehrheit der Deutschen gegen eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Lediglich unter den AfD-Wählern ist die Stimmung andersherum.

Donald Trump dürfte das alles herzlich wenig interessieren. Sein Verteidigungsminister Mattis tritt am Freitag direkt nach von der Leyen auf die Bühne. Er geht mit keinem Wort auf die Anspielungen seiner Vorrednerin ein und sichert den Alliierten uneingeschränkte Bündnistreue zu.

Seine vielleicht wichtigste Botschaft war er bereits beim Verteidigungsministertreffen in Brüssel losgeworden. Dort hatte Mattis am Mittwoch unmissverständlich gedroht, das Engagement der USA in der Nato zurückzuschrauben, sollten die Partner nicht konkrete Pläne zur Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben vorlegen.

Die Stimmung zwischen Mattis und von der Leyen wirkt kühl. Eine Fragerunde auf dem Podium, wie sie eigentlich bei solchen Auftritten in München üblich ist, gibt es nicht. Das spricht Bände.

Ein ähnliches Rededuell wie am Freitag steht an diesem Samstag an. Dann treffen Deutschland und die USA auf höherer Ebene aufeinander: Erst spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel, dann Trumps Stellvertreter Mike Pence. Anschließend kommen beide zu einem 45-minütigen Gespräch hinter verschlossenen Türen zusammen. Es ist die erste Begegnung Merkels mit der Regierung Trump.

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