Fillon oder Juppé Frankreichs bürgerliche Rechte träumt von neuer Größe

Paris (dpa) - Bei der bürgerlichen Rechten Frankreichs gab es viele Zweifel am Demokratie-Experiment Vorwahl. Denn dafür gab es keine Blaupause. Nach einem dreimonatigen Wahlkampf küren die Konservativen nun ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl 2017.

Ex-Premierminister François Fillon hat gute Chancen, von den Anhängern gewählt zu werden. „Mister Nobody“ - so wurde der 62-Jährige genannt. „Vor drei Jahren war ich allein“, bekannte er unlängst laut Wochenzeitung „Journal de Dimanche“.

Im Wahlkampf kam er ganz spät aus der Deckung. In der ersten Runde überrundete er dann den Dauer-Favoriten Alain Juppé (71). Und Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, unter dem Fillon von 2007 und 2012 als Regierungschef diente, flog aus dem Rennen. Die Überraschung war perfekt, manche sprachen vom „Sark-Exit“.

Frankreichs Rechte lässt sich erstmals auf eine für alle Anhänger offene Vorwahl ein. So richtig liegt es nicht in der Tradition der konservativen Republikaner, einen Hoffnungsträger an der Wahlurne auszusuchen. Das Klischee laute eher, dass sich in diesem politischen Lager der Chef selbst kraft seiner Autorität durchsetzen müsse, sagen politische Kommentatoren.

Die Vorwahl bei den Konservativen wird aber inzwischen als gelungen bezeichnet. In der ersten Runde beteiligten sich weit über vier Millionen Wähler, gab es vor vielen Wahllokalen wieder lange Warteschlangen.

Der Ton der Kandidaten war zwar lebhaft, blieb aber höflich. Der Polit-Wettkampf geriet nicht zur Schlammschlacht, wie es manche befürchtet hatten.

In TV-Debatten duzten sich die Anwärter. Der Eindruck verstärkte sich, dass die verbliebenen Kandidaten „Alain“ und „François“ zwar unterschiedliche Strömungen vertreten, aber im Kern bei vielen Themen übereinstimmen.

Polemik gab es zwischen den beiden Schwergewichten eher da, wo man es zunächst nicht vermutete. Fillon musste öffentlich versichern, kein Traditionalist zu sein. Auch das Recht der Frauen auf Abtreibung werde er nicht anrühren.

Der aus dem Nordwesten des Landes stammende Sohn eines Notars spricht mit einem wertebetonten Programm katholische Wähler an. Sein Programm für die Wirtschaft ist eher liberal: Weniger Staatsbedienstete und längere Arbeitszeiten, so lautet sein Credo. In der Außenpolitik setzt er auf ein verbessertes Verhältnis zu Russland. Kreml-Chef Wladimir Putin lobte ihn bereits als „anständigen Mann“.

Angesichts der - zumindest nach außen - geeinten bürgerlichen Rechten geraten die regierenden Sozialisten erheblich unter Druck. „Eine Frage wird sich sehr schnell stellen: Welche wird die erste Kraft sein, die sich gegen (die Konservativen) stellt?“, fragte Regierungschef Manuel Valls am Sonntag im „Journal de Dimanche“.

Den Namen nennt er nicht, aber Valls hat natürlich Marine Le Pen im Blick. Die mächtige Chefin der Rechtsaußen-Partei Front National (FN) dürfte laut Umfragen im Mai kommenden Jahres in die entscheidende Stichwahl der Präsidentenwahl gelangen.

François Hollande (62) muss als Herr des Élyséepalastes bald erklären, ob er für eine zweite Amtszeit antreten wird. Valls lässt überhaupt keinen Zweifel daran, dass auch er selbst ein potenzieller Kandidat ist. Die Linke plant ihre Vorwahl im Januar kommenden Jahres. Sie hat Erfahrung damit, es gab schon eine im Jahr 2011.

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