Fragen und Antworten: Wie groß sind die Chancen für Frieden?

München/Istanbul (dpa) - Die Münchner Syrien-Konferenz hat neue Hoffnung auf ein Ende des seit fünf Jahren andauernden Bürgerkriegs in dem arabischen Land geweckt. Es gibt aber auch erhebliche Zweifel, dass die Ergebnisse umsetzbar sind.

Fragen und Antworten: Wie groß sind die Chancen für Frieden?
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Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

Die Konfliktparteien sollen in vollem Umfang humanitäre Hilfe in den belagerten Gebieten gewähren. Die sieben am stärksten betroffenen Orte sind in der Erklärung genannt. Gleichzeitig soll innerhalb einer Woche eine Feuerpause vorbereitet werden. Davon ausgenommen sind die Terrororganisationen Islamischer Staat (IS) und Al-Nusra sowie alle anderen vom UN-Sicherheitsrat als terroristisch definierten Gruppen.

Kann man die Angriffe auf die Terrororganisationen denn überhaupt von den sonstigen Kämpfen abgrenzen?

Das ist einer der Knackpunkte des Abkommens. Die Al-Nusra-Front, Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, kooperiert mit anderen Rebellen im Kampf gegen das Regime. Die Stellungen der Extremisten liegen in vielen Gebieten direkt neben denen anderer Brigaden. Wenn die Nusra-Positionen weiter bombardiert werden, dürften auch andere Rebellen weiter kämpfen, weil sonst das Regime vorrücken könnte.

Wie reagiert die Opposition auf die Beschlüsse?

Die Regimegegner begrüßen die Einigung grundsätzlich, zeigen sich aber skeptisch, ob sie umgesetzt wird. „Wir wollen Taten und nicht nur Worte“, sagt der Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Opposition, Salem Muslit. Viele Menschen in der umkämpften Stadt Aleppo erwarten keine Waffenruhe. „Niemand hier glaubt, dass sich für uns etwas ändert“, erzählt ein Mann mit Namen Ijad am Telefon. Und auch Fatima, ebenfalls aus Aleppo, sagt: „Wir einfachen Menschen glauben, dass die Weltmächte nun das Regime unterstützen.“

Wird Assad sich an die Vereinbarungen halten?

Es dürfte im Interesse des Regimes liegen, weiter zu kämpfen. Mit massiver russischer Luftunterstützung und Hilfe aus dem Iran hat die Armee im Norden Syriens zuletzt wichtige Erfolge erzielt. Ihr Ziel ist es jetzt, die Rebellen-Gebiete der Metropole Aleppo von der Außenwelt abzuschneiden. Sollte das gelingen, würde dieser Schlag gegen die Rebellen Assads Verhandlungsposition deutlich stärken.

Wie realistisch ist eine Feuerpause unter dem Strich denn dann überhaupt?

Die an den Verhandlungen Beteiligten schätzen die Erfolgschancen zurückhaltend ein. US-Außenminister John Kerry spricht lediglich von „Fortschritten“, sein russischer Kollege Sergej Lawrow von einer „komplizierten Aufgabe“. Und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagt vorsichtig: „Wir kennen die Erfahrungen der Vergangenheit, deshalb spreche ich heute nicht von einem Durchbruch.“

Was wird nun aus den vertagten Genfer Friedensgesprächen?

UN-Sondervermittler Staffan de Mistura will sie spätestens bis zum 25. Februar wieder aufnehmen. Ziel ist die Bildung einer Übergangsregierung. Ob die Gespräche tatsächlich fortgesetzt werden, dürfte aber von der Umsetzung der Vereinbarungen zur humanitären Hilfe für belagerte Gebiete und zur Feuerpause abhängen.

Was bedeuten die Ergebnisse für das Verhältnis zwischen Russland und den USA?

Die Außenminister Kerry und Lawrow haben gemeinsam zu der Syrien-Konferenz eingeladen und gemeinsam die Ergebnisse verkündet. Trotzdem herrschte auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz eine recht eisige Atmosphäre. Die Differenzen zwischen beiden Ländern sind nicht ausgeräumt. Aber ohne eine Verständigung zwischen Washington und Moskau wird in Syrien nichts vorangehen.

Hat das Papier die Unterstützung der Regionalmächte Saudi-Arabien, Iran und Türkei?

Ja. Alle wichtigen Akteure saßen in München mit am Tisch. Ankara begrüßte die vereinbarte Feuerpause ausdrücklich als „wichtigen Schritt“ auf der Suche nach einer Lösung für den Konflikt.

Sind Auswirkungen auf den Flüchtlingszuzug nach Deutschland zu erwarten?

Sollte der Friedensprozess erfolgreich verlaufen, würde die Fluchtbewegung abnehmen und syrische Flüchtlinge könnten in ihre Heimat zurückkehren. Daran ist jetzt aber noch nicht zu denken.

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