Fast 80 Rettungseinsätze im Mittelmeer seit November

Warschau (dpa) - Immer mehr Flüchtlinge kommen über das Mittelmeer nach Europa. Für Tausende ist es eine Reise in den Tod, auf Schiffen, die längst nicht mehr seetüchtig sind. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex startete im November eine neue Mission, um Italien bei der Sicherung der Küste zu helfen.

Fast 80 Rettungseinsätze im Mittelmeer seit November
Foto: dpa

Doch „Triton“ steht auch in der Kritik.

Welche Aufgabe hat „Triton“? Die Grenzschützer patrouillieren an der italienischen Küste und auf dem Meer. Sie sollen die Grenzen überwachen und gegen Schlepper vorgehen. Flüchtlinge, die in Seenot geraten, werden sie retten. Anders als bei der vorangegangenen Mission „Mare Nostrum“ des italienischen Militärs sind die Boote von „Triton“ vor allem in Küstennähe unterwegs. Die Aufgabe besteht vor allem in der Sicherung der Grenzen, nicht im Aufspüren von Flüchtlingsbooten.

Wie sieht die bisherige Bilanz nach zwei Monaten Triton-Einsatz aus?

Seit dem Start von Triton wurden im Mittelmeer laut Bundesinnenministerium rund 13 000 Migranten aus Seenot gerettet und 53 Schleuser festgenommen. Nach Angaben von Frontex gab es bis Ende Dezember fast 80 Such- und Rettungseinsätze. Das sei zwar weniger als während der Sommermonate, aber ein bisher nicht gekannter Anstieg zu dieser Jahreszeit, in der die Schleuser bisher die Fahrt über das Meer wegen der stürmischen See einstellten.

Was passiert im Fall von Flüchtlingsschiffen in Seenot oder im Fall von „Geisterschiffen“ jenseits der Zone 30 Kilometer vor den Küsten, in denen die „Triton“ Schiffe patrouillieren?

Unabhängig von der Küstensicherung im Rahmen von „Triton“ gibt es in den Mittelmeer-Anrainerländern so genannte Search & Rescue-Zentren, meist bei der jeweiligen Küstenwache angesiedelt. Die Einsatzleitung dieser Zentren ist für die Koordinierung der Rettung von Flüchtlingen in Seenot verantwortlich, sobald es in ihrem Sektor Informationen über ein solches Schiff gibt. Die Rettung von Menschenleben hat dann Vorrang vor Grenzsicherung. Die Einsatzleitung kann jedes Schiff, das in der Nähe eines havarierten Schiffs unterwegs ist, zur Teilnahme an der Rettungsaktion verpflichten - egal ob es sich um einen Fischkutter, ein Kreuzfahrtschiff oder ein Triton-Patrouillenboot handelt.

Wie ist die Mission ausgestattet?

Mit sieben Schiffen, vier Flugzeugen und einem Hubschrauber. Teams mit 65 Mitarbeitern sind im Einsatz, sie sollen auch Migranten befragen und Informationen über Schlepper sammeln. Da Frontex nicht über eigene Schiffe verfügt, ist die Agentur darauf angewiesen, dass die EU-Staaten Material und Personal bereitstellen. 21 EU-Staaten machen mit. Das monatliche Budget beträgt 2,9 Millionen Euro.

Warum steht „Triton“ in der Kritik?

Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Amnesty International halten Umfang und Budget der Mission für zu gering. Sie befürchten, dass die Zahl der Opfer auf hoher See noch steigen wird. Human Rights Watch forderte die EU noch vor dem Start der Mission „Triton“ auf, eine ausreichende Finanzierung sicher zu stellen. Wenn Europa Tragödien auf dem Mittelmeer vermeiden wolle, müsse die Frontex-Mission mit einer ausreichenden Zahl an Schiffen und dem entsprechenden Mandat ausgestattet werden. Großbritannien wiederum begründete seine Weigerung, an der Mission teilzunehmen damit, dass potenzielle Flüchtlinge sich zu der gefährlichen Überfahrt „ermutigt“ fühlen könnten, wenn Rettung aus Seenot absehbar sei.

Ändern die Schlepperbanden ihre Taktik?

Nach Angaben einer Frontex-Sprecherin sind die „Geisterschiffe“ vor europäischen Küsten eine neue Erscheinung der vergangenen Wochen. Allerdings haben die internationalen Schleuserbanden schon zuvor den Tod von Flüchtlingen bewusst in Kauf genomen. Einem Ende Dezember veröffentlichtem Frontex-Text zufolge setzen die Menschenschmuggler zunehmend größere Schiffe ein, meist ausgemusterte Frachtschiffe. Viele der häufig überladenen Schiffe, auf denen Flüchtlinge aus Afrika und den Krisenregionen des Nahen Ostens Kurs nach Europa nehmen, sind nicht seetüchtig. Die Flüchtlinge, die oft mehrere tausend Euro oder Dollar für die Passage nach Europa zahlen müssen, sind oft im Laderaum eingesperrt - im Fall einer Schiffskatastrophe haben sie so kaum eine Überlebenschance.

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