FAQ: Die Macht der Ratingagenturen und ihre Folgen

Frankfurt/Main (dpa) - Standard & Poor's (S&P) macht ernst: Die Ratingagentur lässt Deutschland wohl ungeschoren, stuft aber die Kreditwürdigkeit mehrerer Euro-Staaten ab. Darunter nach dpa-Informationen auch die bisherigen „AAA“-Länder Frankreich und Österreich.

Welche Konsequenzen hat eine Verschlechterung der Bonitätsnote?

Warum sind Bonitätsnoten für ein Land wichtig?

Die Noten der drei führenden Agenturen S&P, Moody's und Fitch sind maßgeblich für die Finanzierungskosten der Staaten am Kapitalmarkt. Die Faustregel: Je besser die Bonitätsnote, desto günstiger das Zinsniveau, zu dem ein Land Geld aufnehmen kann.

Gilt diese Faustregel immer?

Es gibt Ausnahmen: So haben die USA trotz immenser Verschuldung und einer Herabstufung durch S&P im vergangenen Sommer nach wie vor keine Probleme, günstig Mittel einzusammeln. Die weltgrößte Volkswirtschaft gilt weiter als „sicherer Hafen“, weil der US-Dollar die globale Leitwährung ist und die Notenbank Fed bereit ist, ihn in unbegrenzten Mengen zu drucken. Diese Quasi-Versicherung gegen einen Zahlungsausfall für US-Staatsschulden überzeugt internationale Gläubiger bislang noch - zumal die Alternativen rar sind.

Welche Konsequenzen müssen die „AAA“-Euroländer fürchten?

Wenn Frankreich und Österreich ihr „AAA“ verlieren, haben von 17 Euro-Staaten nur noch Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und Finnland die Topbonität. Frankreich steht zudem auch bei Moody's unter verschärfter Beobachtung und ist die zweitwichtigste Finanzierungssäule des Krisenfonds EFSF. Eine schlechtere Bonität des Landes könnte die Möglichkeiten beim weiteren Krisenmanagement also erheblich einschränken.

Was wird ohne Top-Rating aus dem Euro-Rettungsschirm?

Für den EFSF hätte ein Verlust der Spitzenbonität Frankreichs weitreichende Folgen. Eine Herabstufung eines der wichtigsten Garantiegeber könnte auch die Note des EFSF gefährden und damit das Aus des Rettungsschirms in seiner bisherigen Konstruktion bedeuten. Die Topnoten der Ratingagenturen sind Voraussetzung, damit der Krisenfonds mit maximaler Schlagkraft agieren kann.

Welche Länder haben überhaupt noch Top-Bonitätsnoten?

Weltweit verfügen noch nicht einmal 20 Staaten über ein „AAA“-Rating von S&P, dazu zählen aber auch einige Steueroasen und Zwergstaaten. Industriegiganten wie die USA („AA+“), China („AA-“) oder Japan („AA-“) sind nicht darunter. Investoren reagieren jedoch häufig erst auf Herabstufungen, wenn mindestens zwei Agenturen sie vornehmen. Die USA beispielsweise werden von Fitch und Moody's bislang noch mit „Triple A“ bewertet.

Worauf gründen Ratingagenturen eigentlich ihre Entscheidungen?

Grundsätzlich legen die großen Agenturen ihre Methodik nicht im Detail offen. Kritiker bemängeln besonders im Zusammenhang mit der Schuldenkrise im Euroraum, dass die Ratingunternehmen lediglich den Marktentwicklungen folgen und auf neue Zuspitzungen reagieren, auch wenn diese fundamental nicht immer gerechtfertigt seien. Experten sehen den harten Kurs allerdings auch im Zusammenhang mit den laschen Bewertungsstandards während der US-Hypothekenkrise. Damals mussten sich die Bonitätsprüfer häufig den Vorwurf gefallen lassen, riskante Papiere tendenziell zu positiv zu bewerten.

Wie ist die Entscheidung von S&P aus Verbrauchersicht zu bewerten?

Da Deutschland von dem jüngsten Rundumschlag wohl nicht betroffen ist, dürften sich für den Durchschnittsbürger hierzulande keine unmittelbaren Folgen ergeben. Wenn die Nachbarstaaten im Zuge von Herabstufungen unter erhöhten Spardruck geraten und die Gürtel enger schnallen müssen, könnte das jedoch kurzfristig die Konjunktur im Euroraum belasten. Die exportlastige deutsche Wirtschaft dürfte bei einer tieferen Rezession in der Eurozone unter sinkender Nachfrage im Binnenmarkt leiden.

Sind private Anleger und Sparer betroffen?

Die Depots deutscher Kleinanleger und Sparer könnten vorübergehend durch die Kursreaktionen an den Finanzmärkten in Mitleidenschaft gezogen werden. Wer beispielsweise über fondsgebundene Versicherungen an den Aktienmärkten engagiert ist, könnte dort mit fallenden Kursen konfrontiert werden. Allerdings rechnen Experten nicht mit nachhaltigen Effekten, da beispielsweise eine Herabstufung Frankreichs längst als einkalkuliert gilt.

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