Scheidender Präsident „Es war mir eine Ehre“: Obama verlässt die politische Bühne

Chicago (dpa) - Noch einmal schlägt die Hand in so typischer Weise von der Seite gegen das Rednerpult. Ein sicheres Zeichen: Barack Obamas Rede ist zu Ende.

Es war seine letzte Ansprache als 44. Präsident der Vereinigten Staaten, ein letztes Mal wandte er sich an diesem Dienstagabend von Chicago aus mit einem flammenden Appell für Demokratie und Zusammenhalt an die Amerikaner. Obama, der Politiker, geht in den Ruhestand. Ein nicht unumstrittener, aber ein großer Demokrat verlässt die politische Bühne. Aus den Lautsprechern tönt Tina Turner: „You're Simply The Best!“

Obama hat die Gesundheitsversorgung gestärkt und den Iran an die Leine genommen, er hat Osama bin Laden ausgeschaltet und die Finanzkrise überwunden. Bei seinem letzten großen Auftritt spricht er die Probleme an, deren Beseitigung ihm nicht gelungen ist. Die Amerikaner sind nach acht Jahren Obama als Volk tiefer gespalten, als sie es vor seinem Amtsantritt waren. Und die Unterschiede zwischen der noch immer weißen Bevölkerungsmehrheit und den zahlenmäßig wachsenden Minderheiten ist nicht überwunden.

„Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen“, gibt Obama in Chicago zu, auch wenn er beteuert, er selbst wisse aus eigener Erfahrung, dass das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Hautfarben heute besser gelinge als noch vor Jahren oder Jahrzehnten. Obama sagt das an einem Abend, an dem ein paar Flugstunden weiter südlich ein 22-Jähriger Weißer zum Tode verurteilt wurde, der neun Schwarze in einer Kirche erschossen hatte.

Obama zeigte sich in den vergangenen Wochen und Monaten noch einmal von seiner kämpferischen Seite. Leidenschaftlich machte er Wahlkampf gegen Donald Trump und für Hillary Clinton. Nachdem es nicht gereicht hatte, riss er die Rettung seines politischen Vermächtnisses an sich. Als er eigentlich bereits eine „Lame Duck“ war, feuerte er noch einmal aus allen Rohren, um es seinem Nachfolger Donald Trump so schwer wie möglich zu machen, politische Errungenschaften zu zerstören.

An diesem windigen Dienstagabend in Chicago klingt von den parteipolitischen Scharmützeln nur wenig durch. Obama spricht viel über Bürgerpflichten und Hoffnung, Optimismus und von Werten. In der Stadt, in der er einst als Verfassungsrechtler lehrte, wird Barack Obama wieder mehr zum Professor - den Politiker scheint er fast schon abgelegt zu haben. Er blickt zurück auf seine Aufgabe mit Demut: „Es war die größte Ehre meines Lebens, Euch zu dienen.“

Er habe in acht Jahren verzweifelte, trauernde Menschen gesehen, aber auch Ärzte, die medizinische Wunder vollbracht hätten, Kriegsversehrte, die wieder gehen konnten und kleine Kinder, die an Pflichten erinnern: „Dass wir uns um Flüchtlinge kümmern, in Frieden leben und - vor allem - aufeinander achten“, sagt Obama.

Es ist ein emotionaler Abschied, aber einer ohne Wehmut. Obama preist seine Mitarbeiter, Vizepräsident Joe Biden, seinen Freund und Weggefährten. Und vor allem seine Frau Michelle. „Du hast um diese Rolle nicht gebeten, aber Du hast sie Dir zu eigen gemacht, mit Würde und mit Mumm und mit Humor.“ Eine Haltung, die sich der scheidende Präsident von viel mehr seiner Landsleute wünscht. „Yes, we did, yes we can“, ruft er dem Publikum noch einmal zu. Das „Gott schütze Amerika“ geht dann fast im Jubel unter. Es hat einen ernsten Unterton.

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