Amoklauf von München Ein 18-Jähriger mit einer mörderischen Zielstrebigkeit

Der Amokschütze von München versuchte Jugendliche in eine Falle zu locken.

Auf dieses Parkdeck des Olympia-Einkaufszentrums ging der Amokläufer, nachdem er neun Menschen erschossen hatte. Bewohner eines benachbarten Wohnblocks beschimpften ihn und nahmen ein Video davon auf, das eine große Verbreitung in den Sozialen Medien fand.

Auf dieses Parkdeck des Olympia-Einkaufszentrums ging der Amokläufer, nachdem er neun Menschen erschossen hatte. Bewohner eines benachbarten Wohnblocks beschimpften ihn und nahmen ein Video davon auf, das eine große Verbreitung in den Sozialen Medien fand.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

München. Der junge Mann, der München am Freitag in den Ausnahmezustand versetzte, ist selbst ein Münchener Kind: Vor 18 Jahren kam er in der bayerischen Landeshauptstadt zur Welt. Von einer Nachbarin als "guter Mensch" beschrieben scheint der Schüler am Ende von Hass getrieben gewesen zu sein - ein Mix aus einer psychischen Erkrankung und Schulproblemen könnte seinen Amoklauf mit zehn Toten ausgelöst haben.

Er lebte bis zuletzt bei seinen aus dem Iran stammenden Eltern. Der Vater ist Taxifahrer, die Mutter arbeitete nach den Worten einer Nachbarin als Verkäuferin bei einer Warenhauskette. Zur Familie gehört noch ein weiterer Sohn. Die Wohnung der Familie befindet sich an der Dachauer Straße, eine der wichtigen Hauptstraßen mitten in München.

Polizeipräsident Hubertus Andrä beschrieb die Eltern als viel zu schockiert, um weiter gehende Aussagen zur Familie zu treffen. Die Polizei erhielt Hinweise, dass der Heranwachsende psychische Probleme hatte, es soll sich um Depressionen handeln.

Außerdem fanden die Ermittler in dem Zimmer des Jungen viele Hinweise darauf, was in seinem Kopf vorging. Es seien Unterlagen gefunden worden aus dem Bereich Amok, sagte Andrä. "Mit dem Thema hat sich der Täter offensichtlich intensiv beschäftigt."

Zeitungsberichte zu Amokläufen entdeckten die Polizisten. Auch das Buch "Amok im Kopf - Warum Schüler töten". Besonders auffällig nannte der Polizeichef, dass die Tat von München genau am fünften Jahrestag der Tat des rechtsextremen Attentäters Anders Behring Breivik stattfand. Insofern liege eine "Verbindung auf der Hand".

Andrä zog diese Verbindung deshalb, weil es sich bei beiden Fällen um Amokläufe gehandelt habe. Aber womöglich gibt es auch eine andere Parallele. Der Norweger Breivik tötete 2011 aus rechtsextremen Motiven. Und auch bei ihm wird über Fremdenhass spekuliert.

Trotz seiner iranischen Wurzeln sah sich der Attentäter nicht als Ausländer. "Ich bin Deutscher" ist von ihm auf einem während der Tat entstandenen Video zu hören, fast so, als dürfe er dann morden. Die "Bild"-Zeitung berichtet, er habe sich an seiner Schule von Türken und Arabern gemobbt gefühlt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bestätigt Hinweise, dass der Täter gemobbt worden sein soll. Auch von Schulproblemen ist die Rede. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht von Problemen im Bildungsweg. An welche Schule der Amokschütze gegangen ist, verschweigt die Polizei zunächst.

Alle Opfer lebten zwar in München oder Umgebung. Unter den neun zum großen Teil jugendlichen Opfern waren aber auffällig viele mit ausländischer Herkunft. Unklar ist, ob sie zum Teil in eine perfide geplante Falle des Amokschützen liefen.

Der offensichtlich mit guten Computerkenntnissen ausgestattete 18-Jährige hackte nämlich nach den Erkenntnissen der Polizei den Facebook-Account eines Mädchens mit einem türkischen Namen. "Kommt heute um 16 Uhr Meggi am OEZ", schrieb er dort - Meggi ist Jugenddeutsch für McDonald's. Die vermeintliche Einladung verstärkte er mit der Ankündigung, etwas zu spendieren.

Er scheint die Tat also länger geplant zu haben. So besorgte er sich auch illegal eine 9mm Glock-Pistole. Die Seriennummer war aus der Waffe ausgefeilt. Außerdem hatte er 300 Schuss Munition in einem Rucksack bei sich. Ob er ein geübter Schütze war, will die Polizei noch prüfen.

Am Computer war er im Morden geübt. De Maizière berichtete von der Spielleidenschaft. Und er fordert nun eine Debatte über das "unerträgliche Ausmaß gewaltverherrlichender Spiele im Internet" - für den Bundesinnenminister sind ihre Auswirkungen "nicht zu bezweifeln". Haben sie dazu beigetragen, dass er zum neunfachen Mörder wurde?

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