Draghi besänftigt Kritiker - Griechenland darf hoffen

Berlin/Athen (dpa) - EZB-Präsident Mario Draghi hat seinen umstrittenen Kurs in der Euro-Krise im Bundestag vehement verteidigt. In einer Sitzung des Haushalts-, Finanz- und Europa-Ausschusses wies der Chef der Europäischen Zentralbank in Berlin Befürchtungen vor eine stärkeren Inflation zurück.

Übermäßige Risiken für die Steuerzahler gebe es nicht. Auch die Unabhängigkeit der Notenbank sei nicht gefährdet. Griechenland rechnet unterdessen fest mit zwei Jahren Aufschub für die Sanierung seiner Staatsfinanzen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zeigte sich nach dem gut zweistündigen Auftritt Draghis vor etwa 150 Parlamentariern zufrieden. Er sprach wie der EZB-Chef von einem vertrauensbildenden Schritt. Draghi betonte: „Drei Elemente sind für das Verständnis unserer Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung: der unbeirrbare Fokus auf Preisstabilität, die Einhaltung unseres Mandats sowie unsere vollständige Unabhängigkeit.“ Die jüngsten Maßnahmen der EZB dienten dazu, Preisstabilität im gesamten Euroraum zu gewährleisten.

Vertreter von Union und FDP äußerten sich überwiegend positiv zu Draghis Erläuterungen. „Seine Antworten waren sehr überzeugend“, sagte CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle. Der FDP-Politiker und Euro-Kritiker Frank Schäffler warf dem EZB-Chef dagegen erneut vor: „Er schleift die Stabilitätsregeln.“ Aus Sicht von Carsten Schneider, dem haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, hat Draghi die Kritik an der fehlenden Legitimation der EZB-Strategie nicht ausräumen können. Priska Hinz von den Grünen betonte, Draghi sollte nun auch die Dauer-Kritiker der Koalition überzeugt haben.

Draghi hatte im September angekündigt, die EZB werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern an den Börsen ankaufen. Die Notenbank greift aber nur ein, wenn das Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpft und damit Auflagen erfüllt. Seit der Ankündigung sind die Zinsen, die Problemländer für neue Schuldtitel zahlen, gesunken.

Für Griechenland öffnet sich derweil die Tür zu neuen Hilfsmilliarden - nach monatelangem Gezerre zwischen der zerstrittenen Regierung und den internationalen Geldgebern. Nach Angaben aus Athener Regierungskreisen vom Mittwoch kann sich das Land auf zwei weitere Jahre einstellen, um die vereinbarten Sparziele zu erreichen. Finanzminister Ioannis Stournaras sagte nach stundenlangen Videokonferenzen mit Vertretern der „Troika“ aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF): „Das Sparpaket ist abgeschlossen.“ Weitere Details wollte er nicht nennen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwoch) berichtete, Griechenland könne damit rechnen, dass Athen statt 2014 nun bis 2016 Zeit habe, die Neuverschuldung wieder unter die erlaubte Obergrenze von drei Prozent zu drücken.

Auf Seiten der internationalen Geldgeber wird allerdings weiter auf den Bericht der Kontrolleure von EZB, EU und IWF verwiesen, der für November erwartet wird. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagte EZB-Chef Draghi am Mittwoch in Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte die Position der Europartner: Zunächst müsse der Bericht der „Troika“ abgewartet werden.

Eine zeitliche Streckung der Sparziele ist bereits seit längerem im Kreise der Euro-Finanzminister im Gespräch. Zuletzt hatte sich auch IWF-Chefin Christine Lagarde dafür stark gemacht. Hinter den Kulissen gilt als sicher, dass die Euro-Partner Griechenland nicht fallen lassen werden und das Land mit neuen Hilfskrediten vor der Pleite bewahren.

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