Die alte und neue Rolle Ägyptens im Nahost-Konflikt

Kairo (dpa) - Ägypten spielt als Nachbarland und ehemaliger Kriegsgegner Israels traditionell eine wichtige Rolle im Nahost-Konflikt. Als Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern war Kairo bereits mehrfach erfolgreich.

Was hat sich in Nahost durch den Umbruch in Ägypten geändert?

Die Rolle als Nahost-Vermittler hat der ägyptische Präsident Mohammed Mursi von seinem Vorgänger Husni Mubarak geerbt. Mubarak hatte sich stets engagiert, wenn es darum ging, eine Waffenruhe zu vereinbaren, einen Gefangenenaustausch zu organisieren oder Friedensverhandlungen in Gang zu bringen. Ägypten erhielt dafür Unterstützung aus dem Westen. Auch sahen die USA und andere Geberländer großzügig über Menschenrechtsverletzungen des Mubarak-Regimes hinweg. Auch der Islamist Mursi ist auf Unterstützung angewiesen. Außerdem ist die Hilfe für die Palästinenser eine wichtige Säule der Ideologie der Muslimbruderschaft, der Mursi bis vor kurzem angehörte.

Wo steht Ägypten im aktuellen Konflikt zwischen Israel und Hamas?

Die Sympathien der neuen ägyptischen Führung liegen eindeutig bei der radikal-islamischen Hamas-Bewegung. Denn die Hamas ist eine Abspaltung der in Ägypten gegründeten Muslimbruderschaft, die in Kairo aktuell den Präsidenten und einen Großteil der Minister stellt. Trotzdem haben die ägyptischen Islamisten betont, dass sie die diplomatischen Beziehungen mit Israel nicht abbrechen wollen. Damit sind sie in der Realpolitik angekommen. Denn insgeheim hoffen die Muslimbrüder immer noch auf eine „Befreiung von ganz Palästina mit der Hauptstadt Jerusalem“.

Wie profitieren die Ägypter von ihrer Vermittlerrolle?

Präsident Mursi und die Muslimbruderschaft können sich in einer innenpolitisch kritischen Phase jetzt als Rettungsanker der Palästinenser in Gaza profilieren. Denn in Ägypten tut sich im Moment ein großer Graben auf. Auf der einen Seite stehen die Islamisten, auf der anderen Seite die Liberalen, die Linken und die Christen. Im Nahost-Konflikt sind die Ägypter dagegen fast alle einer Meinung - sie lehnen den jüdischen Staat ab und sympathisieren mit den Palästinensern.

Was ist los an der ägyptischen Ostgrenze?

Ex-Präsident Mubarak war kein Freund der Hamas. Deshalb machte er den Grenzübergang bei Rafah, der den Gazastreifen mit der ägyptischen Sinai-Halbinsel verbindet, nach der Machtübernahme durch die Hamas in Gaza dicht. Präsident Mursi hat hier einen Kurswechsel vorgenommen. Er hat Rafah zum Eingangstor für ausländische Staatsgäste der Hamas-Regierung gemacht. Da sich Mursi als Islamist nicht mit den militanten Salafisten auf dem Sinai anlegen will, ist die israelisch-ägyptische Grenze in den vergangenen Monaten durchlässiger und unsicherer geworden.

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