Fragen und Antworten Der Gipfel der Uneinigkeit

Taormina (dpa) - EU-Ratspräsident Donald Tusk redet nicht lange drumherum: Der Gipfel in Taormina sei für die G7-Gruppe führender Industrieländer die größte Herausforderung seit Jahren. Es sei schließlich kein Geheimnis, dass es Differenzen gebe.

Fragen und Antworten: Der Gipfel der Uneinigkeit
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Die Liste der Streitthemen ist lang: Klima, Handel oder Flüchtlingskrise. Gipfel-Neuling Donald Trump macht auf Sizilien wieder klar, dass er von gemeinsamen Lösungen nicht viel hält. Dafür nötige Kompromisse passen nicht in seine „America-First“-Doktrin.

Wie wird der G7-Gipfel in Taormina enden?

Nach Durchbrüchen sieht es nicht aus. Und das nicht nur, weil vier der sieben Chefs zum ersten Mal dabei sind - und eine früher abreist. Ein Erfolg wäre schon, wenn die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien Italien und Kanada nicht allzu weit hinter ihre früheren Gipfel-Erklärungen zurückfallen. Bei den Vorgesprächen der Unterhändler - der „Sherpas“ - soll es „ganz arg geknirscht“ haben. Vieles blieb offen, so dass ein Debakel befürchtet wird. Das G7-Abschlusspapier dürfte daher überschaubar kurz ausfallen.

Worin liegen die größten Probleme?

Es ist der Kurs des seit Januar amtierenden US-Präsidenten Trump und der Bruch mit der Politik seines Vorgängers Barack Obama. Trump stellt bisherige Vereinbarungen etwa zum Klimaschutz und Freihandel infrage. Der Verbleib der Amerikaner in Organisationen wie der Welthandelsorganisation WTO steht auf dem Prüfstand.

Was ist in Sachen Klimaschutz zu erwarten?

Trump will bald entscheiden, ob die USA aus dem 2015 beschlossenen Klimaabkommen von Paris aussteigen. Die restlichen G7-Länder könnten in Taormina zumindest erklären, dass die USA noch ihre Position finden müssten. Und sie könnten klarstellen, vorangehen zu wollen. Das Pariser Abkommen regelt erstmals international einen verbindlichen Rahmen für eine globale Energiewende. Die Weltgemeinschaft will die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius begrenzen. Die reichen Industrieländer müssen bis 2020 einen Finanzierungsfahrplan aufstellen, wie sie besonders betroffene Regionen unterstützen.

Wird in dem Zusammenhang auch über Hungersnöte gesprochen?

Es ist ein Schwerpunktthema der Italiener. Am Samstag nehmen mit Tunesien, Niger, Nigeria, Kenia und Äthiopien auch fünf afrikanische Staaten an dem Gipfel teil. Immer mehr arme Menschen leiden unter Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel häufiger und schlimmer zuschlagen. Aber nie zuvor war die Kluft zwischen verfügbaren Finanzmitteln und humanitärer Not so groß. 30 Millionen Menschen in vier Ländern - Südsudan, Somalia, Jemen und Nigeria - droht eine Hungersnot, wie Oxfam warnte. Die Entwicklungsorganisationen appellierten an die G7, mehr Geld für den Hilfsappell der Vereinten Nationen über 6,9 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren. Bisher liegen nur Zusagen für 30 Prozent vor.

Kommt die Flüchtlingskrise zur Sprache?

Ja. Schließlich wurde der Gipfelort Taormina nicht nur wegen seiner malerischen Bucht gewählt. Denn ein paar Seemeilen weiter draußen dauert die humanitäre Katastrophe an. 50 000 Flüchtlinge haben dieses Jahr die gefährliche Reise von Nordafrika in oft untauglichen Booten nach Italien gemacht. Der größte Teil landete in Sizilien. Mehr als 1300 sind dabei nach Schätzungen ums Leben gekommen.

Gibt es neue Lösungsansätze im Umgang mit den Flüchtlingen?

Ja. Gastgeber Italien hatte versucht, das Problem positiv anzugehen. Ein umfassender Plan, der die Chancen der Zuwanderung und den Schutz von Flüchtlingen hervorhebt, scheiterte aber am Widerstand der USA. Stattdessen bestanden die USA auf der Aufnahme von zwei mageren Paragrafen in die Abschlusserklärung, die vor allem Sicherheit und Grenzschutz betonen. Da war mehr erwartet worden.

Kann der Handelskonflikt ausgeräumt werden?

Die Chancen sind gering. Beim Treffen der G7-Finanzminister vor ein paar Wochen in Bari drückten die Amerikaner erneut nur eine nichtssagende Formulierung durch. Ein klares Bekenntnis aller G7-Länder gegen Protektionismus und für Freihandel gilt als fraglich. Zumindest ist es Ziel, dass die Chefs mehr zu Papier bringen als zuvor ihre Finanzminister.

Was ist mit den weltweiten Konflikten?

Natürlich geht es auch um die Krisenherde in Syrien, in der Ukraine oder den Kampf gegen den Terrorismus. Am Rande des Gipfels nannte Trump auch Nordkorea, das mit Raketen- und Atomwaffentests gegen UN-Resolutionen verstößt, ein „großes Problem“: „Es ist ein Welt-Problem, und es wird an einem gewissen Punkt gelöst werden, sagte er: „Darauf können Sie wetten.“

Ist der G7-Gipfel ganz vergebens?

Nein. Bei mageren Ergebnissen könnte er als „Warmlaufen“ für den größeren G20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli in Hamburg eingestuft werden. Gastgeber Deutschland hofft, dass es dann nicht bei Minimal-Kompromissen bleibt.

Gab es denn irgendwo Einigkeit?

Ja. Als Reaktion auf den Anschlag in Manchester gab es eine Erklärung, die die Entschlossenheit zum Kampf gegen den Terrorismus bekräftigte.

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