Der Aussitzer: Wowereit weiter im Sinkflug

Berlin (dpa) - Mit seinem „Rücktritt light“ hat er erstmal die Luft rausgelassen. Den Rest sitzt Klaus Wowereit (SPD) aus. Auch wenn er als Flughafen-Krisenmanager gescheitert ist, aus dem Chefsessel im Roten Rathaus steht der 59-Jährige so schnell nicht auf.

Als Aussitzer kennt man Berlins Regierenden Bürgermeister inzwischen - doch seine Macht bröckelt. Wie ginge es weiter in Berlin ohne Wowereit?

„Das war's jetzt Klaus“, twitterte der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin. Die Berliner Opposition fordert einen Neuanfang. Anderswo hätte der Chefaufseher eines viermal verschobenen Großprojekts wohl längst auch politisch den Hut nehmen müssen. In der „arm, aber sexy“-Hauptstadt Berlin soll ein halber Rücktritt als Aufsichtsrats-Chef reichen.

Wowereit, der seit 2001 regiert und nach dem Abschied von Kurt Beck (SPD) in Rheinland-Pfalz ab der kommenden Woche dienstältester Ministerpräsident sein wird, ist Gegenwind gewohnt. Rücktrittsforderungen der Opposition, ein nervöser Koalitionspartner CDU, der Druck der Medien, all das ist bisher von ihm abgeprallt.

Doch langsam erodiert auch Wowereits Macht. Dafür muss man nicht einmal auf die Umfragen blicken, in denen seine Zufriedenheitswerte auf 37 Prozent fielen. Der 59-Jährige ist laut Infratest Dimap der bundesweit unpopulärste Regierungschef. Und er ist grau geworden im Gesicht.

Seit ihrem Start Ende 2011 steckt die rot-schwarze Berliner Regierung in einer ständigen Krisen-Ausbügel-Stimmung. Parteiintern konnte Wowereit nicht verhindern, dass sein Kronprinz Michael Müller als Berliner SPD-Chef abgesägt wurde.

Auch die Zeiten, in denen er in der Bundes-SPD als Kanzlerkandidat gehandelt wurde, sind längst vorbei. Jetzt fällt ihm in der „Rheinischen Post“ sogar der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert in den Rücken: „Notfalls muss der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß das Amt übernehmen.“

Der Flughafen Berlin Brandenburg sollte Wowereits großes Ding werden - vielleicht ein Höhepunkt, auf dem man glanzvoll abtreten kann. Dieser Absprung ist mit dem großen BER-Debakel verpatzt. Grüne und Piraten wollen ihn deswegen per Misstrauensantrag zu Fall bringen - ein eher demonstrativer Akt, denn SPD und CDU stehen nach leichtem Gemurre hinter ihrem Regierenden.

Die wenig revolutionäre Stimmung in der Koalition kann aber auch an mangelnden Alternativen liegen. „CDU beißt die Zähne zusammen“, titelte die „Berliner Morgenpost“. Der Juniorpartner hätte bei Neuwahlen mit Innensenator Frank Henkel nur einen angeschlagenen Spitzenkandidaten und kaum Koalitionsoptionen.

Auch die SPD hat ein Nachfolgeproblem: Lange hat Wowereit keinen zweiten starken Mann neben sich zugelassen. Mit dem kaum bekannten Parteichef Stöß oder dem glanzlosen Fraktionschef Raed Saleh lässt sich wohl noch keine Wahl gewinnen.

Es steht das Gerücht im Raum, Wowereit habe der SPD schon im November seinen Rücktritt angeboten, sollte der Flughafen 2013 nicht öffnen. Sein Nachfolger müsste ein harter Hund sein, denn das „Fluchhafen“-Problem ist ja längst nicht gelöst. Der Neue wäre angeschlagen, von Anfang an.

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