Kein Showdown in Barcelona Das vergebliche Warten auf Puigdemont

Barcelona (dpa) - Der Showdown in Barcelona blieb aus. Seit dem frühen Montagmorgen postierten sich Journalisten vor dem Sitz der katalanischen Regierung im Herzen der Altstadt.

Kein Showdown in Barcelona: Das vergebliche Warten auf Puigdemont
Foto: dpa

Offenbar hatten sie die Hoffnung, dass der von Madrid abgesetzte Regionalpräsident Carles Puigdemont vor seinem bisherigen Amtssitz auftaucht und für einen Eklat sorgt.

Doch es passierte nicht viel. Die Polizeibeamten am Haupteingang des Palau de la Generalitat wurden zu unfreiwilligen Fernsehstars in den Liveschaltungen Dutzender TV-Kameras. Selbst als am Mittag Anklage gegen Puigdemont und andere ranghohe Regierungsbeamte erhoben wurde, blieb alles ruhig.

Puidgemont sorgte am Morgen noch für Verwirrung mit einem Instagram-Foto. Darauf war ein Stück Himmel zu sehen, aufgenommen eindeutig aus dem Innenhof des Regierungspalasts. Dabei stand nur „Guten Morgen!“ und ein Smiley. Relativ schnell waren sich alle einig, dass es nur ein Scherz des 54-Jährigen mit einem alten Bild war. Der Aufenthaltsort des abgesetzten Provinzpräsidenten blieb über Stunden unklar. Dann sickerte durch, dass er der Konfrontation aus dem Weg geht: Puigdemont reiste nach Belgien aus, wie ein Anwalt am Abend schließlich bestätigte. Was seine Pläne sind, blieb zunächst unklar.

Einige Weggefährten wie der abgesetzte Transportminister Josep Rull und die Chefin des aufgelösten Lokalparlaments, Carme Forcadell, tauchten dagegen kurz in ihren Büros auf - verließen sie dann jedoch schnell wieder.

Im Rest der Stadt ist nichts von der Krise um die katalanische Unabhängigkeitserklärung zu spüren. Die Sonne scheint, die Straßencafés sind bei 20 Grad gut gefüllt. Auch auf dem Platz zwischen Provinzregierung und dem Rathaus von Barcelona tauchten vor allem Schaulustige auf. Die Stadt ist voller Touristen, die sich über den besonderen Kick freuen, bei schönem Wetter auch noch einen Hauch Zeitgeschichte mitzubekommen.

Nur wenige aktive Anhänger eines der beiden Lager schauen vorbei. Die meiste Aufmerksamkeit bekommt der 22-jährige Student Joan Correa, der mit einer großen katalanischen Flagge aufkreuzt. „Ich bin hier, um unseren gewählten Präsidenten zu unterstützen“, verkündet er und schwenkt die Fahne unermüdlich für die Kameras. Die Unabhängigkeit sei der einzige Weg für Katalonien, sagt Joan. Denn bisher würden trotz der eigentlichen Autonomie der Region zu viele Initiativen von der Zentralregierung blockiert. „Wir haben gute Gesetze, aber können sie nicht umsetzen.“ So zum Beispiel das Verbot, armen Bürgern, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können, den Strom abzudrehen.

Neben Joan läuft ein etwas älterer Mann mit einer spanischen Nationalflagge und einem Schild, auf dem „Victoria“ - Sieg - steht. Spanien müsse geeint bleiben - und das werde jetzt auch der Fall sein, unter anderem dank der Position der EU, die kein unabhängiges Katalonien akzeptieren wolle.

Am Ende fällt besonders auf, wie wenig Aggressivität im Umgang der beiden Lager miteinander zu spüren ist. Kein Streit, keine hitzigen Diskussion in den Straßen, man ignoriert sich eher. Schon am Vorabend zogen nach der großen Demonstration hunderttausender Abspaltungs-Gegner versprengte Grüppchen von Anhängern beider Lager friedlich durch die Stadt. Die Anhänger der Unabhängigkeit scheinen so entspannt, weil sie die felsenfeste Überzeugung ausstrahlen, dass sie sich am Ende durchsetzen werden.

Manche machen ein Spektakel aus dem Konflikt, wie der Lichtkünstler Jamal, der normalerweise mit Installationen auf der Flaniermeile Las Ramblas sein Geld verdient. Jetzt befestigte Jamal, der jamaikanische Wurzeln hat, Papierblumen, Lichterketten und viele spanische Flaggen an seinem Fahrrad und fährt damit im Dunkeln durch die Straßen. „Das ist meine persönliche Demonstration für die Einheit Spaniens“, sagt Jamal. Katalonische Autonomie sei schon in Ordnung, aber dabei müsse es auch bleiben - als Symbol dafür hat Jamal ein kleines katalanisches Fähnchen zwischen die Spanien-Flaggen geklemmt.

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