Analyse: Einigung in Athen - aber noch keine Entwarnung

Athen (dpa) - Die Regierung in Athen bekommt wohl doch eine Verlängerung, um die Sparauflagen zu erfüllen. Innenpolitische Streitigkeiten drohen aber immer noch, alles in letzter Sekunde zum Scheitern zu bringen.

Eine Einigung über das griechische Sparprogramm ist nach Aussagen der Regierung von Ministerpräsident Antonis Samaras gelungen. Und eine Fristverlängerung für die Sparversprechen um zwei Jahre wird Athen wohl auch bekommen. Formal muss aber noch auf einen positiven Bericht der „Troika“ aus EU, EZB und IWF gewartet werden. Aber dennoch herrscht im griechischen Zentrum Aufregung und Verwirrung. Alles könnte noch an einem besonders umstrittenen Kapitel des Sparprogramms über die Reformen auf dem Arbeitsmarkt scheitern.

Denn Reformschritte in diesem Bereich treffen auf harten Widerstand des Koalitionspartners Fotis Kouvelis, Chef der Demokratischen Linken. Auch viele Abgeordnete der Sozialisten drohen, bei den anstehenden Abstimmungen im Parlament, verlangte Reformen am Arbeitsmarkt nicht zu billigen.

Finanzminister Ioannis Stournaras lässt sich davon aber nicht beirren. Er trieb die Verhandlungen mit den Geldgebern voran und verkündete am Mittwoch: „Das Sparpaket ist abgeschlossen“. Auch eine Einigung über die Verlängerung der Sparfristen sei erreicht. Bereits kommende Woche solle das Sparpaket vom Parlament im Schnellverfahren gebilligt werden. Die Geldgeber hätten nach neuen Verhandlungen einige Erleichterungen akzeptiert.

Die linken Parteien wollen sich bislang auf keine Reformen am Arbeitsmarkt einlassen. Die Neuerungen sollen Entlassungen erleichtern und Abfindungen kürzen. Der Mindestlohn soll von der jeweiligen Regierung festgelegt werden. Das sei „ein Verrat an den eigenen Ideen“, heißt es aus Kreisen der Demokratischen Linken. Auf Kritik stößt auch die diskutierte Wiedereinführung der Sechs-Tage-Woche.

Die griechische Presse schlug am Mittwoch Alarm: „Gefährliche Sackgasse“, titelte die Zeitung der politischen Mitte „Ta Nea“. Sollte die Drei-Parteien-Regierung aus Konservativen, Sozialisten und Demokratischer Linke zusammenbrechen, würde das Land vor einer Katastrophe stehen.

Sozialisten wie auch die Demokratische Linke hätten bislang vieles „geschluckt“, hieß es aus Kreisen der beiden Parteien. Wenn sie weitere Einschnitte akzeptierten, dann würden ihnen auch die letzten Wähler davonlaufen. Umfragen zeigen, dass die Sozialisten mittlerweile nur noch auf sechs Prozent bei möglichen Wahlen kommen, im Juni waren es noch 12,3 Prozent. Die Demokratische Linke rechnet vor, ihre Wählerschaft habe bislang fast 40 Prozent ihres Einkommens verloren. „Das, was die Troika vorschlägt, macht die Arbeitsrechte dem Erdboden gleich“, klagt der Chef der Demokratischen Linken Kouvelis.

Die Regierung will, so Finanzminister Stournaras, nun in zwei Runden das Spar- und Reformprogramm billigen lassen. Eine erste Abstimmung soll die reinen Sparmaßnahmen in Höhe von 13,5 Milliarden Euro betreffen. Samaras hofft, dass dieses Programm von fast allen Angeordneten seiner Koalitionsregierung gebilligt wird.

Für die umstrittenen Arbeitsmarktreformen ist ein zweites Paket geplant. Dann könnte es nur mit den Stimmen der Konservativen (127) und der Sozialisten (33) im 300 Abgeordnete zählenden Parlament durchgepaukt werden. Die Demokratische Linke würde dann gegenüber ihren Wählern das Gesicht wahren, indem sie die Arbeitsmarktreformen ablehnt.

Unklar ist dennoch, ob kommende Woche alle Abgeordneten der Sozialisten und der Konservativen Parteidisziplin üben werden. Die Mehrheit der Regierungskoalition ist bereits - vier Monate nach den jüngsten Wahlen - um drei Stimmen geschrumpft. Zwei Abgeordnete der Konservativen und ein Abgeordneter der Demokratischen Linken sind in den vergangenen Wochen in das Lager der Unabhängigen gewechselt und sperren sich gegen die Sparmaßnahmen. Die Koalitionsregierung hat jetzt 176 statt anfänglich 179 Abgeordnete.

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