Wird Trapattoni Nationalcoach der Türkei?

Giovanni Trapattoni steht angeblich vor einem Wechsel als Nationaltrainer in die Türkei. Das wäre allemal ein interessantes Experiment.

Düsseldorf. Im März wird Giovanni Trapattoni 71 Jahre alt. So gesehen wäre ein weiteres Engagement als Nationaltrainer, als der man für gewöhnlich auf ein Großereignis wie eine Europameisterschaft oder eine Weltmeisterschaft hinarbeitet, durchaus erstaunlich: Die nächste EM in Polen und der Ukraine findet 2012 statt, Trapattoni zählte dann schon 73 Lenze.

Und stünde dann vielleicht doch noch im Zentrum des europäischen Fußballs - als türkischer Fußball-Nationaltrainer.

Wie türkische Medien am Dienstag berichteten, steht der Altmeister aller fußball-taktischen Finessen unmittelbar davor, einen Vertrag als türkischer Nationaltrainer zu unterschreiben: Für zweieinhalb Jahre und drei Millionen Euro jährlich, schreibt "Hürriyet". Trapattoni, derzeit noch Nationaltrainer Irlands, werde seinen bestehenden Vertrag auflösen und von einem Nicht-WM-Teilnehmer zum anderen Nicht-WM-Teilnehmer wechseln.

Mit Irland war der Italiener erst in der Relegation der Qualifikation für die WM in Südafrika gegen Frankreich äußerst unglücklich gescheitert - dem Handspiel des Franzosen Thierry Henry sei "Dank".

Die Türkei wurde hinter Spanien und Bosnien-Herzegowina nur Dritter in ihrer Qualifikationsgruppe - mit Ergebnissen, die die schlechtesten dieser Mannschaft seit über zehn Jahren waren.

Und in deren Anschluss der noch bei der EM 2008 als Halbfinalist gefeierte Nationaltrainer Fatih Terim die Härten der türkischen Fußball-Seele erfahren musste: Terim trat nach üblen Beschimpfungen und Beleidigungen durch die Fans im Oktober vergangenen Jahres nach einem 0:2 gegen Belgien zurück.

Seither führt Interimstrainer Ersun Yanal das Nationalteam. Sollte Trapattoni tatsächlich anheuern, würde Yanal zurück zur türkischen U21 beordert.

Ob die als heißblütig bekannten türkischen Spieler mit der spieltaktischen Unterkühltheit des Maestros glücklich würden, ist fraglich. Während die Türken seit jeher ihr Heil über eine starke Offensive suchten, stand für Trapattoni traditionell die kompliziert organisierte Defensive im Vordergrund.

Und so hat dieses anstehende Bündnis zwei Seiten: Entweder verzweifeln die technisch starken türkischen Fußballer an den Catenaccio-Vorträgen ihres routinierten Übungsleiters - oder aber Trapattoni gelingt es, gute Instinktfußballer mit taktischer Schulung noch besser, noch kompletter zu machen. Interessant wäre ein solches Projekt allemal.

Dass der türkische Fußball-Verband am Dienstag die Details der medialen Veröffentlichungen als unzutreffend beschrieb, muss nichts Grundsätzliches heißen: Sowohl Wunschkandidat Joachim Löw als auch der immer wieder gehandelte Christoph Daum stehen für den Job nicht oder noch nicht bereit.

Wohl aber der unermüdliche Trapattoni, der sich in der deutschen Bundesliga auf seinen Stationen FC Bayern und VfB Stuttgart vor allem durch seine aufgeregte "Was erlauben Strunz"-Wutrede in radebrechendem Deutsch in das ewige Gedächtnis gebrannt hat.

Von Strunz redet übrigens schon lange keiner mehr.

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