Thomas Morgenstern: Überflieger mit Bodenhaftung

Bischofshofen (dpa) - Als sich Thomas Morgenstern mit dem seit Jahren herbeigesehnten Triumph bei der Vierschanzentournee einen Kindheitstraum erfüllt hatte, hüpfte er ausgelassen durch den Auslauf der Paul-Außerleitner-Schanze und genoss die Ovationen der Fans.

Der Coup bei der 59. Auflage der deutsch-österreichischen Traditionsveranstaltung ließ den 24-Jährigen endgültig in die erste Reihe der Skisprung-Stars aufrücken. „Es ist ein Wahnsinn“, sagte Morgenstern im Moment des Erfolges. Im Alter von zehn Jahren kletterte der 1986 in Spittal geborene Österreicher, der in seiner Freizeit gern Xbox spielt und am liebsten Pizza isst, erstmals auf eine Sprungschanze. „Ich kann mich noch gut erinnern, auch wenn der Sprung nicht wirklich weit war“, berichtet er lachend.

Es war der Startschuss für eine Karriere, die zunächst im Eiltempo steil bergauf führte. Mit 16 gab Morgenstern, der auch abseits des Sports gern durch die Lüfte fliegt und 2008 seinen Pilotenschein machte, bei der Vierschanzentournee sein Weltcup-Debüt. Der unbekümmerte Luftikus wurde auf Anhieb Gesamt-Sechster und konnte nur fünf Tage später in Liberec seinen ersten Weltcupsieg bejubeln.

Seither hat der Kärntner, der sich auch von einem schweren Sturz 2003 in Kuusamo nicht stoppen ließ, drei Olympiasiege, vier WM-Titel und zwei Goldmedaillen bei Skiflug-Weltmeisterschaften errungen. In der Saison 2007/08 gewann er den Gesamt-Weltcup. Doch danach folgte ein Karriereknick. „Jahrhunderttalent“ Gregor Schlierenzauer betrat die Bühne und löste Morgenstern als Nummer 1 ab.

Für den Blondschopf, der sich im Vorjahr mit Langzeitfreundin Kristina ein Eigenheim gebaut hat und sich selbst als sehr ehrgeizig beschreibt, begann eine schwierige Phase der Selbstfindung. „Ich habe immer gemerkt, ich bin kurz davor, und wollte drei Stufen überspringen. Das hat mich immer wieder zurückgeworfen und mich emotional und persönlich getroffen“, berichtet er rückblickend.

Erst mit dem Sieg beim Tournee-Finale 2010 fand Morgenstern aus der sportlichen Krise heraus. „Diese Erfahrungen waren wichtig. Das Springen in Bischofshofen war einer der wichtigsten Momente meiner Karriere“, erzählt der 20-fache Weltcupsieger.

Im Sommer hat sich der begeisterte Karaoke-Sänger und Fan der „Toten Hosen“ noch akribischer vorbereitet und nun die Früchte seiner Arbeit geerntet. „Es ist eine sehr starke Charaktereigenschaft von mir, dass ich nicht aufgebe, sondern weiterarbeite, egal ob es mir Spaß macht oder nicht. Das ist wie früher in der Schule. Ich bin nie ein begeisterter Schulgänger gewesen, hätte sie am liebsten geschmissen. Aber ich habe gemerkt, dass ist für mich wichtig, für mein Leben und für mich als Mensch“, erklärt Morgenstern, der 2006 das Abitur baute.

Großen Anteil an seinem Höhenflug hat auch ein Mentaltrainer, aus dessen Namen Morgenstern bisher ein gut gehütetes Geheimnis macht und der deshalb in den Medien der Alpenrepublik nur Mister X genannt wird. „Es ist jemand, den ich über gewisse Beziehungen kennengelernt habe und der mir die Augen für die wesentlichen Dinge geöffnet hat“, sagt Morgenstern und fügt zufrieden hinzu: „Ich bin als Mensch gereift.“

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