Vonn vor Weltcup-Comeback - Siege schon wieder im Blick

Lake Louise (dpa) - Beim Comeback nach ihren beiden Kreuzbandrissen gönnt US-Skistar Lindsey Vonn sich und der Konkurrenz noch eine kleine Schonfrist.

„Im ersten Rennen werde ich vielleicht ein anderes Ziel haben, Top Fünf oder Top Zehn. Und das steigere ich dann für Samstag und Sonntag“, sagte die viermalige Gesamtweltcupsiegerin in ihrem typischen Deutsch-Österreichisch mit amerikanischem Akzent. Erstmals seit 349 Tagen steht die Ausnahmefigur der Alpin-Szene am Freitag in Kanada auf ihrem Lieblings-Abfahrtshang in Lake Louise wieder am Start eines Weltcup-Rennens. 20-mal schaffte es die 30-Jährige in „Lake Lindsey“ in Abfahrt und Super-G schon auf das Podest, darunter sind auch 14 Siege.

Dass das auch dieses Mal ihr Ziel ist - Verletzungspause hin oder her -, daran ließ Vonn nie Zweifel aufkommen. „Mein Ziel im Starthaus ist immer zu gewinnen“, kommentierte Vonn bereits zuletzt. „Lake Louise ist ein guter Ort für mich, mit drei Rennen, wo ich hoffentlich auf dem Podium lande, oder sogar gewinne“, sagte sie. Jüngere Fahrerinnen wie Gesamtweltcupsiegerin Anna Fenninger aus Österreich, die in Vonns Abwesenheit ihr Können und ihre Leistungsstärke demonstriert haben, ändern an der eigenen Erwartungshaltung nichts: „Ich glaube, ich bin viel erfahrener, und das spricht für mich.“

Körperlich sieht sich die Freundin von Golfer Tiger Woods im Soll. „Ich bin hundertprozentig schmerzfrei, ich habe ein gutes Gefühl. Ich bin stark in meinem schlechten Knie. Ich fühle mich wie vor der ersten Operation, ich fühle mich total fit“, berichtete sie nach der ersten offiziellen Trainingsfahrt am Dienstag. Platz 18 mit 1,82 Sekunden Rückstand auf die Spitze war da noch völlig nebensächlich. „Ich habe nur Spaß gehabt. Es war ein schönes Gefühl, wieder schnell zu fahren.“ Im zweiten Training am Mittwoch legte Vonn dann bereits leicht zu, landete mit 1,62 Sekunden Rückstand auf Rang acht.

Wenn es am Freitag ernst wird, Vonn im Starthaus steht und sich nur noch auf die nicht ganz zwei Minuten dauernde Schussfahrt konzentriert, endet eine schier endlose Leidenszeit für die Olympiasiegerin von 2010: Kreuzbandriss bei der Ski-WM im Februar 2013. Reha. Trainingssturz im November. Sie fährt trotzdem in Lake Louise, wird sogar einmal Fünfte. Doch in Val d'Isère bricht sie ihr bislang letztes Rennen mit Tränen im Gesicht ab. Danach verrät sie: Das Kreuzband ist wieder gerissen. Wieder eine lange Pause, wieder Reha. Olympia erlebt sie aus den USA lediglich als TV-Expertin.

Wollte sie zu schnell zu viel? „Nein, ich bereue das nicht. Ich habe alles versucht, um in Sotschi dabei zu sein. Das war mein größtes Ziel, dafür habe ich so lange so hart gearbeitet. Aber es hat dann eben nicht geklappt“, rechtfertigte Vonn auch Monate später den Plan, es mit gerissenem Kreuzband nach Russland zu schaffen.

Nach der zweiten Operation gab sich die Ausnahmeskifahrerin mehr Zeit - streng beobachtet von Physiotherapeuten und Trainern. „Bei einem Rennpferd wie der Lindsey ist es wichtig, dass man das Volumen und die Intensität gut steuert. Sie ist sicher eine, wo man ab und an bremsen muss“, erzählte US-Speedcoach Stefan Abplanalp. Der Schweizer betonte: „Die Lindsey hat sehr viel gelernt aus den letzten zwei Jahren.“

Weil es so gut voranging, war sogar schon ein Start in Aspen vergangenes Wochenende denkbar. Aber Vonn blieb konsequent, fokussierte sich auf das Training und will erst jetzt in den im Wortsinne goldenen Herbst ihrer Karriere starten: Im Februar warten die Weltmeisterschaften in Vail und Beaver Creek - in ihrer Heimat will Vonn das Olympia-Drama von Sotschi vergessen machen. „Das ist wirklich ein Traum für mich. Ich hoffe, ich bin zu der Zeit in Topform und kann eine Medaille holen“, sagte Vonn - für ihre Art ungewohnt zurückhaltend.

Denn dass sie sich selbst „als beste Skifahrerin aller Zeiten“ ein Denkmal setzen will, ist gewiss. „Ich brauche nur noch vier Siege, um den Rekord zu brechen. Darauf fokussiere ich mich zuallererst“, sagte Vonn, die im Weltcup bislang 59 mal gewonnen hat. Vor ihr steht in der ewigen Rangliste nur noch die Österreicherin Annemarie Moser-Pröll mit 62 Siegen. Zeit, ihren eigenen Namen hinter die lange unerreichbar scheinende Bestmarke zu setzen, hat Vonn wohl noch reichlich. Denn, und auch darin ist sie sehr bestimmt: Das Kapitel Olympia ist noch nicht abgeschlossen. Pyeongchang in Südkorea ist das Fernziel der US-Amerikanerin. 2018.

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