Nordische Ski-WM Mama Marit ist die Königin von Lahti

36 Jahre alte Norwegerin gewinnt auch den Zehner — Deutsche Hoffnungen — Russe Ustjugow lässt die 15 Kilometer am Mittwoch aus

Marit Björgen jubelt bei der Ski-WM in Lathi.

Marit Björgen jubelt bei der Ski-WM in Lathi.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Lathi. Finnland ist eine parlamentarische Demokratie, wird derzeit aber von einer Norwegerin beherrscht: Langlauf-Königin Marit Björgen hat am Dienstag bei der nordischen Ski-WM in Lahti ihr insgesamt 16. WM-Gold geholt, die 10 Kilometer klassisch der Frauen gewonnen. In Deutschland interessiert der Langlauf im Vergleich mit den Überfliegern auf der Skisprungschanze und in der Kombination nur am Rande - beste Deutsche war am Dienstag Stefanie Böhler auf Rang zehn. In etlichen Ländern sind die Langläuferinnen und Langläufer die Nummer eins.

Mama Marit: Sie ist die erfolgreichste Wintersportlerin überhaupt und das als Mutter. Marit Björgen hat im Dezember 2015 ihren Sohn Marius entbunden und mit nun 36 Jahren schon ihr zweites Gold in Lahti geholt. „Mich würde es nicht wundern, wenn sie bei der WM jeden Start siegreich beendet“, sagt Torstein Drivenes, der Trainer der deutschen Langläuferinnen über seine Landsfrau. Am Donnerstag kommt in der Staffel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit WM-Medaille 25 dazu, am Samstag stehen die 30 Kilometer an.

Erst am Sonntag hatte die Frau des ehemaligen norwegischen Kombinierers Fred Börre Lundberg mit Gold im Skiathlon die russische Rekordweltmeisterin Jelena Välbe aus Russland überflügelt. Den Titel widmete sie der gesperrten Teamkollegin Therese Johaug — sie hatte wegen einer Lippencreme eine positive Dopingprobe. Das war kein politisches Statement von Björgen; sie ist mit Johaug eng befreundet.

Am Dienstag verblüffte Königin Mama Marit mal wieder alle. Nicht wegen des Gold-Coups. Sondern wegen ihrer 41 Sekunden Vorsprung über die kürzeste WM-Strecke auf die Schwedin Charlotte Kalla. Bronze ging an die Norwegerin Astrid Uhrenholdt Jacobsen. „Ich war vor dem Rennen sehr nervös und wollte mich am liebsten zu Hause verkriechen“, erzählte Björgen. Die Anerkennung ist groß, die Zweifel sind gering. „Sie kommt auf fast 1000 Trainingsstunden im Jahr“, sagt Andreas Schlütter, Sportlicher Leiter der Langläufer im Deutschen Skiverband (DSV). „Das liegt im Bereich von Martin Johnsrud Sundby, dem besten Mann. Ihre Leistungen sind für mich absolut nachvollziehbar.“ Sundby könnte am Mittwoch (12.45 Uhr/ARD und Eurosport) für Norwegen über die 15 Kilometer das 100. Langlauf-Gold bei einer WM holen.

Mama Kikkan: Mama Marit ist nicht die einzige Mama, die in Lahti Edelmetall geholt hat: Die US-Amerikanerin Kikkan Randall (34) brachte im April Breck Stuart auf die Welt und holte am Donnerstag Bronze im Sprint.

Junge Wilde, alte Hasen: Trotz skandinavischer Dominanz ist der Langlauf bunt, im Skiathlon der Frauen waren beispielsweise neun Nationen unter den ersten zwölf, darunter Deutschland mit der 20-jährigen Katharina (Platz elf). „Sie ist sehr reif für ihr Alter“, sagt Heimtrainer Janko Neuber. „Sie trainiert fleißig und kann ihre Rennen überaus realistisch analysieren. Das kennt man von Biathletin Laura Dahlmeier.“ Zudem sind in Lahti Victoria Carl (21) und Sofie Krehl (21) am Start. Ihre Plätze elf, 15 und 16 im Duathlon hatten Trainer Torstein Drivenes erfreut: „Großartig, was sie geleistet haben. Sie sind unbekümmert gelaufen, haben gekämpft und sind belohnt worden.“

Bestes deutsches WM-Ergebnis seiner Frauen bleibt aber Platz sechs der alten Hasen Stefanie Böhler und Nicole Fessel im Teamsprint. Böhler, die am Montag 36 Jahre alt geworden ist, sagte nach dem Rennen: „Beim Zehner auf Platz zehn, das ist mein bestes Saisonergebnis.“ Es soll noch besser werden: Am Donnerstag in der Staffel. Das war von vornherein die einzige realistische Medaillenchance der DSV-Abteilung Langlauf.

Entspannter Ustjugow: Der bisher Beste bei den Männern ist in Lahti Sergej Ustjugow. Dabei hatte der 24 Jahre alte Russe nach Silber zum Auftakt in Sprint noch geschmollt. Im Skiathlon und im Teamsprint folgte Gold. Der Tour-de-Ski-Sieger will alles, setzt aber am Mittwoch ganz entspannt aus, regeneriert bis zur Staffel am Freitag. „Vielleicht haben wir ja auch dort eine kleine Chance“, sagt sein deutscher Trainer Markus Cramer. „Sergej jedenfalls ist schon wieder im Angriffsmodus.“ Am Sonntag folgen die 50 Kilometer. Sergej Ustjugow möchte der König der WM werden.

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