EM-Debakel: Finals ohne deutsche Eisschnellläufer

Klobenstein (dpa) - Zank und Stunk eskalieren, der Tiefpunkt ist erreicht: Die deutschen Eisschnellläufer haben in Klobenstein das schlechteste Ergebnis bei Mehrkampf-Europameisterschaften seit Jahrzehnten verbuchen müssen.

Sie verpassten komplett die Finals.

Unter dem Strich stand für das junge Damen-Trio das mieseste Ergebnis der EM-Historie seit genau 40 Jahren, deutsche Männer waren vor 32 Jahren letztmals so schlecht wie im nacholympischen Jahr.

„Wir müssen auf dem Teppich bleiben, dürfen nicht zu viel von den jungen Damen erwarten. Wir haben einfach keine Ausnahme-Mehrkämpferin mehr vom Format einer Anni Friesinger oder Daniela Anschütz“, klagte Cheftrainer Markus Eicher. Er machte aber keinen Hehl daraus, dass er mit den Leistungen auf der Freiluftbahn auf dem Rittener Hochplateau höchst unzufrieden war. Letztmalig waren deutsche Eisschnellläuferinnen bei der EM-Premiere 1970 in Heerenveen nicht in die Top Ten gelaufen. Das bislang schlechteste EM-Resultat der Herren datierte aus dem Jahr 1979, als der Berliner Andreas Ehrig in Deventer als 15. eingekommen war.

Einziger Trost der Deutschen war, dass der Erfurter Robert Lehmann und die Berlinerin Isabell Ost als jeweilige 14. gerade noch die einzigen Tickets für die Mehrkampf-WM in Calgary sicherten. Nur zwei WM-Fahrkarten sind gleichfalls Negativ-Rekord für das deutsche Eislaufen. „Das Finale zu verpassen ist bitter, aber ich habe mein Bestes gegeben“, meinte Isabell Ost und stimmte mit Teamgefährten und Trainern überein, dass ein Titelkampf mit den Widrigkeiten einer Freiluftbahn einfach nicht mehr in den Kalender des Verbandes gehöre.

Ihren dritten EM-Titel holte sich Doppel-Olympiasiegerin Martina Sablikova, die die Konkurrenz beherrschte, wie sie wollte. Die Tschechin, die an gleicher Stelle schon 2007 gewonnen hatte, setzte sich vor der Niederländerin Ireen Wüst durch. Ohne Titel blieben die „Oranjes“ auch bei den Herren. Den durch die Knie-Verletzung des viermaligen Titelträgers Sven Kramer verwaisten Thron bestieg erstmals der Russe Ivan Skobrew. Es war das erste EM-Gold für Russland seit zehn Jahren.

Eicher ging indes nach der Pleite hart mit den deutschen Herren ins Gericht und bezeichnete deren Ergebnisse als „Katastrophe“. Mit einer Entschuldigung bei Tobias Schneider versuchte der Inzeller jedoch, den in Südtirol eskalierten Streit mit den Athleten zu schlichten. „Ich hätte die vom Verband verhängten Geldstrafen nicht öffentlich machen dürfen. Aber ich bin wegen der vielen Querelen im Team sehr dünnhäutig geworden“, gestand der Inzeller am Sonntag.

Schneider, der nicht wie vom Verband gefordert seine Trainingsdaten dokumentierte, hatte zuvor eingeräumt, eine „schmerzliche Geldstrafe“ gezahlt zu haben. Der Berliner, der mit Platz 21 enttäuschte, hatte Eicher wegen dessen Plädoyer für einen härteren Kurs kritisiert und Eichers Formulierung über eine Rückkehr zu „einer gewissen Diktatur“ gebrandmarkt. Wenn das die neue Linie sei, „ist das erschreckend“, so Schneider. Lehmann stimmte ihm zu: „An der Dokumentation liegt es bestimmt nicht, dass wir null Leistung bringen“, meinte der Erfurter, der seinen 27. Geburtstag feierte. „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte er.

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