Deutsches WM-Auftaktdesaster bei Eiskunstlauf-WM

Boston (dpa) - Eine indisponierte Nathalie Weinzierl hat das Auftaktdesaster für die Deutsche Eislauf-Union in den Einzeldisziplinen bei den Weltmeisterschaften in Boston perfekt gemacht.

Deutsches WM-Auftaktdesaster bei Eiskunstlauf-WM
Foto: dpa

Zwei Monate nach Platz sieben bei der EM war die Mannheimer Eiskunstläuferin im TD Garden in Tränen aufgelöst und fand keine Erklärung für die schwache Kurzkür. „Das Training war gut, das Einlaufen auch. Dann klappte der Toeloop nicht und ich war geschockt“, bemerkte die 21 Jahre alte Studentin.

Die überstandene Angina wollte sie nicht als Ausrede dafür gelten lassen, dass sie erstmals bei einem großen Wettkampf bereits vor dem Finale ausschied. Einzig Trainer Peter Sczypa hatte beobachtet, dass kurz vor Beginn ihrer Kür am Donnerstag (Ortszeit) der Versuch eines dreifachen Toeloops schon zweimal schiefging: „Das war wie eine mentale Blockade. Dabei war sie so gut in den letzten Wochen.“

DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf war bitter enttäuscht über Platz 35: „Sie hat es vergeigt.“ Die Vorbereitung sei gut gewesen. Im Gegensatz zu den Herren, bei denen Franz Streubel abgeschlagen als 28. vor der Kür ausschied, sieht die Situation bei den deutschen Frauen nicht ganz so schlecht aus. „Wir haben noch eine Lutricia Bock und eine Nicole Schott in der Hinterhand. Das ist nicht hoffnungslos“, behauptete Dönsdorf.

Von den Herren hat sich die DEU deutlich mehr erhofft in dieser Saison. „Wenn die oben nicht zünden, brechen uns auch im Nachwuchs zu viele weg“, betonte Dönsdorf, der nun mit Sorgen den anstehenden Strategiegesprächen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund entgegenblickt. Im nächsten Jahr geht es bei der WM in Helsinki um die Quoten-Startplätze für Olympia - sollte sich das Debakel wiederholen, wäre weder eine Dame noch ein Herr bei den Winterspielen 2018 in Südkorea dabei.

Fakt ist, dass der Verband seit Jahren um die schwierige Situation weiß, es aber nicht schafft, gute Nachwuchsathleten in die Spitze zz bringen. „Die Decke ist dünn, aber das ist bei allen europäischen Nationen außer Russland so. Wir haben keine breite Basis, das ist ein Grund, warum wir uns so schwertun“, erklärte Dönsdorf. Jahr für Jahr wird diskutiert, ob kleine Trainingsgruppen nicht sinnvoller wären als einzelne Athleten an verschiedenen Stützpunkten. Mit gemeinsamen Camps soll zumindest ein Anfang gemacht werden.

Bestes Positiv-Beispiel sind die Eistanz-Debütanten Kavita Lorenz und Panagiotis Polizoakis, die zu Beginn ihrer Karriere vor Jahresfrist sofort zu Starcoach Igor Schpilband nach Detroit gegangen waren. Die Konkurrenzsituation mit vielen Toppaaren spornt an. „Wir sind trotzdem ein Team und spornen uns jeden Tag an“, kommentierte der 20-jährige Oberstdorfer Polizoakis nach dem respektablen 17. WM-Einstiegsplatz. So etwas hätte er in Deutschland nie erlebt.

Viele Einzelinteressen von Vereinen, Trainern und auch Läufern verhindern die Leistungssportentwicklung im deutschen Eiskunstlauf. „Es können nicht alle ins Ausland gehen, wir müssen unsere Trainer besser machen“, meinte Dönsdorf. Es gebe allerdings nur wenige Übungsleiter, die bei geringem Gehalt für die arbeitsintensive Sportart brennen würden.

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