Henkel: Fast 35 und noch erfolgshungrig

Östersund (dpa) - Andrea Henkel mag eher die leisen Töne. Extrovertiert auf Leute und Medien zugehen, wie einst Magdalena Neuner, ist nicht das Ding der erfahrensten deutschen Biathletin. Die Rolle der neuen Frontfrau nimmt die 34-Jährige dennoch gerne an.

In den Mittelpunkt rückt sie dabei ihre Leistung und nicht sich selbst. „Wegen mir kann es auch auf mich ankommen und ich hoffe, ich kann dem gerecht werden“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin angesprochen auf den Druck, der nach dem Rücktritt von Neuner nun offensichtlich auf ihr lastet.

Denn beim Saisonauftakt im schwedischen Östersund konnte ausgerechnet die Dienstälteste mit einem dritten Platz in der Verfolgung, Rang fünf im Sprint und Platz acht im Einzel überzeugen. Dabei ist sie nicht unbedingt als Frühstarterin bekannt, braucht immer ein paar Rennen, um in den Wettkampfmodus zu kommen. „Das Podium ist mein Anspruch. Ich will nicht nur mitlaufen, sondern vorne dabei sein“, erklärte die achtmalige Weltmeisterin.

Dabei fiel der Name Henkel bei der Suche nach der potenziellen Nachfolgerin von Rekord-Weltmeisterin Neuner im Vorfeld eher selten. Vermarktungstechnisch würde die extrovertierte Miriam Gössner besser ins Bild passen. Doch die 22-Jährige patzte in Schweden noch zu oft am Schießstand, präsentierte sich dafür stark in der Loipe. Tina Bachmann, wie Henkel und Gössner Staffel-Weltmeisterin von Ruhpolding, kam trotz guter Vorbereitung überhaupt nicht in Schwung. „Die anderen kommen auch noch, ich bin nicht alleine im deutschen Team“, ist sich Andrea Henkel sicher.

Mit fast 35 ist Andrea Henkel schon im fortgeschrittenen Sportleralter, Karrieren sind bei den Skijägern da oft schon vorbei. Ein Grund für's Weitermachen bis zu den Olympischen Spielen 2014 ist ihr vier Jahre jüngerer Freund Tim Burke, der auch bis Sotschi plant. Mit dem Amerikaner trainiert sie oft in dessen Heimat. Dahin will sie irgendwann auswandern. „Natürlich ist es auch entscheidend, dass wir zusammen unterwegs sind. Zu Hause wartet niemand. Da ist es auch egal, ob ich 34 oder 36 bin, wenn ich aufhöre“, sagte die Weltcup-Gesamtsiegerin von 2007.

Und sie genießt Freiheiten, die ihre Kolleginnen nicht haben. „Die brauche ich, um den Spaß nicht zu verlieren“, bekennt Andrea Henkel. Neben mehrwöchigen Trainingsausflügen nach Amerika wohnt sie im Weltcup nicht im Teamhotel, sondern zusammen mit ihrem Freund. „Das gestehen wir Andrea gerne zu“, meinte Heimtrainer Gerald Hönig. Er weiß genau, sein langjähriger Schützling zahlt ihm das Vertrauen zurück. „Andrea ist ein Wunder an Ausgeglichenheit und Konstanz. Aber auch an Trainingsfleiß. Ich glaube, das ist das Wichtigste, dass sie sich noch mit Freude und Lust am Quälen über die Strecke bewegt und sich diese hohen Ziele setzt“, meinte Hönig.

Auch für diese Saison hat Andrea Henkel ganz konkrete Ziele. „Ich möchte schon noch ein paar Podiumsplätze, und bei der WM versuche ich es wieder mit einer Einzelmedaille“, sagte die Thüringerin. Damit Biathlon die Wintersportart Nummer eins bleibt, müssen Erfolge her. Dessen ist sich Andrea Henkel bewusst: „Lena hat eine große Lücke hinterlassen. Wir können sie nicht komplett schließen, aber wir versuchen unser Bestes.“

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