Wiederwahl: Schwaches Votum für DSV-Präsidentin Thiel

Hamburg (dpa) - Präsidentin Christa Thiel hat derzeit keine starke Rückendeckung im Deutschen Schwimm-Verband. Beim Verbandstag in Hamburg erhielt die Wiesbadener Rechtsanwältin mit dem schlechtesten Ergebnis ihrer Amtszeit einen unerwartet deutlichen Denkzettel.

Thiel bekam nur 229 von 401 gültigen Delegierten-Stimmen. Das waren 57,1 Prozent. 172 Delegierte stimmten gegen sie, einen Gegenkandidaten gab es nicht. „Diejenigen, die mich nicht gewählt haben, werden ihre Kritikpunkte haben. Ich werde auf sie zugehen, um diese auszuräumen“, sagte Thiel, als sie die Wahl annahm.

Auch für ihr Amt das Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bedeutet das Votum eine Schwächung. Vor vier Jahren hatte sie beim Verbandstag noch 349 Ja-Stimmen (88,4 Prozent) und 46 Nein-Stimmen erhalten. Thiel führt den DSV seit November 2000.

Obwohl die Olympia-Bilanz mit nur einer Medaille durch Langstreckenschwimmer Thomas Lurz mager ausfiel, war mit einem solch schlechten Wahlergebnis für Thiel dennoch nicht gerechnet worden. Eine Rolle könnte dabei gespielt haben, dass zuvor ein Antrag zur stärkeren Stimmengewichtung von mitgliederstarken Landesverbänden abgelehnt worden war. Auch wird ihr vorgeworfen, zu viele interne Entscheidungen im Verband ohne eigene Meinung zu begleiten.

„Das Wahlergebnis bedeutet für sie, dass sie manches nicht mehr einfach nur aussitzen kann. Sie soll ja die Leitfigur sein“, sagte der Chef des NRW-Landesverbandes, Manfred Peppekus.

Zuvor hatte der ehemalige Schwimm-Cheftrainer Ralf Beckmann eine Neuausrichtung und einen „Klimawandel“ im DSV gefordert. „Wir brauchen bessere Qualität in Kommunikation, Kooperation, Koordination und Konzentration der Kräfte“, sagte der Wuppertaler. Trainer und Athleten bräuchten „kreative Freiräume“, die Übungsleiter seien inzwischen mehr mit Computer-Analysen beschäftigt als mit dem Beinschlag ihrer Sportler.

Zudem frage er sich, ob es „eine kluge Entscheidung war, 2008 einen Direktor Leistungssport zu installieren, der das Durchgriffsrecht auf alle Sparten hat. Ich schätze Lutz (Buschkow) nicht nur persönlich, sondern auch als ausgewiesenen Experten. Aber diese Konstellation hat nicht geholfen, uns international stärker zu machen“, sagte Beckmann, der bis 2006 fünf Jahre lang Cheftrainer und Sportdirektor der Beckenschwimmer war.

Der 66-Jährige schloss seine Analyse mit dem „nicht sarkastisch“ gemeinten Satz: „Null Medaillen sind eine hervorragende Ausgangsposition, besser zu werden.“ Die Delegierten bedachten seine Rede mit deutlichem Applaus.

In seiner Erwiderung sagte Buschkow, er hätte sich in London „etwas mehr Rückendeckung der Kadertrainer gewünscht“. Man habe das Personalkonzept seit 2008 nicht genügend „unterfüttert“, der Spagat als Stützpunkttrainer gleichzeitig auch Spitzenschwimmer persönlich zu betreuen sei so nicht leistbar. Buschkow erklärte, die Trainer hätten auf seine Frage, wer als Medaillenkandidat für Rio 2016 infrage käme, mit Schweigen geantwortet. In den Weltranglisten habe man nur wenige Athleten in den Top Ten, auf den längeren Strecken nicht mal unter den Top 50. „Es kann sein, dass der Tiefgang noch gar nicht erreicht ist“, sagte Buschkow.

Zu Vizepräsidenten wurden gewählt: Peter Obermark (Finanzen), Wolfgang Hein (Verbandsentwicklung) und Vico Kohlat (Recht).

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