Nominierung Wie Prothesen-Springer Rehm um Olympia in Rio kämpft

Wie einst Oscar Pistorius will der behinderte Weitspringer unter Nichtbehinderten starten. Eine Studie soll helfen. Eindeutig ist sie nicht.

Markus Rehm ist die Qualifikationsweite für Olympia schon gesprungen.

Markus Rehm ist die Qualifikationsweite für Olympia schon gesprungen.

Foto: AmirBeganovic

Köln. Die Botschaft, die der Unterschenkel amputierte Weitspringer Markus Rehm am Montag im Kölner Sportmuseum mitzuteilen hatte, war nicht zu übersehen. „Auf dem Sprung nach Rio! Jump to Rio!“ — in Deutsch und Englisch machte der Prothesen-Weitspringer auf dem Podium klar, was er in diesem Jahr erreichen will: den Doppelstart bei den Olympischen Spielen und bei den Paralympics in Brasilien. Als behinderter Sportler will er das Startrecht unter Nichtbehinderten beim größten Sportereignis der Welt erwirken. Zuletzt war Vergleichbares dem 400-Meter-Läufer Oscar Pistorius aus Südafrika in London 2012 gelungen. Ähnlichen Aufwand betreibt nun der für Leverkusen startende Markus Rehm.

Dass er sein Ziel erreicht, ist möglich: Rehm hat seinen Part erfüllt. Wissenschaftler aus Köln, Japan und den USA stellten in einer Studie fest, dass der 27-Jährige keine gravierenden Vor- oder Nachteile im Vergleich mit Athleten ohne Behinderung hat. „Zu diesem Zeitpunkt kann nicht eindeutig ausgesagt werden, dass die Prothese von Markus Rehm ihm beim Weitsprung einen oder keinen Gesamtvorteil bietet“, hieß es am Montag im schriftlichen Resümee der Studie, die Rehm selbst nach einer neuen Richtlinie anstrengen muss.

Nun ist der Leichtathletik-Weltverband IAAF am Zug und in der Pflicht, meint nicht nur Rehm. Die Dachorganisation habe sich bislang „erfolgreich versteckt“. „Wenn es kein Vorteil ist: Was hält dann noch auf?“, sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes: „Die IAAF muss aus der Deckung heraus.“

In Sachen Inklusion habe die IAAF auch gesellschaftliche Verantwortung: „Und dieser muss sie sich stellen“, forderte Rehm die Welt-Leichtathletik um deren Chef Sebastian Coe auf. Dabei geht es Paralympics-Gewinner Rehm in erster Linie nicht darum, ob er einen Doppelstart sogar juristisch einklagt: „Der Klageweg ist nicht mein erster Weg.“

Rehm, der seit einem Unfall 2003 unterhalb des rechten Knies amputiert und mit einer Hightech-Prothese als Behindertensportler zum Top-Athleten geworden ist, will dreierlei erreichen: Klärung des Sachverhalts auch durch die IAAF, Fairness und die Chance, „mich mit den Besten der Welt messen zu können“.

Zu diesem Kreis gehört er nun einmal, nicht nur bei den Sportlern mit Handicap. In der vergangenen Woche erfüllte Rehm in Innsbruck mit 8,18 Metern die Olympia-Norm (8,15). „Mir geht es nicht darum, eine Medaille zu gewinnen“, stellte der Orthopädie-Mechanikermeister fest. Er will gemeinsame Wettkämpfe für Sportler mit und ohne Handicap. „Man müsste die Veranstaltungen nicht so strikt trennen“, sagte er über die Olympischen und Paralympischen Spiele. Man könne mehr Inklusion schaffen, etwa mit einem gemeinsamen Staffellauf bei der Übergabe der -Flamme.

Rehm fühlt sich bestätigt, obwohl die von ihm verlangte Studie ein Risiko war. „Es ist ein schönes Ergebnis, dass man keinen Vorteil feststellen konnte.“ Jetzt könne er sich für Olympia einklagen, bemerkte er mit dem Hinweis, dass auch bei ihm das Rechtsprinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ gelte. Das aber ist nicht sein Ding. Er habe „einen ersten Schritt gemacht“.

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