Wie Hans Albers im roten Plüschsessel

Düsseldorf. Udo Lattek - das ist für die jüngeren Fußball-Fans der etwas grimmige ältere Herr vorne links im roten Plüschsessel, der sich am Sonntagvormittag im Spartensender DSF gerne mal uferlos über den neumodischen Taktik-Schnickschnack in der Bundesliga mokiert.

Und immerfort findet, dass früher alles besser war. Als man noch gemeinsam soff, um sich für seine Arbeit zu zerreißen. "Wichtig ist die Bereitschaft der Spieler, sich gegenseitig zu helfen", hat er gesagt, "dann brauchst du keine Taktik." Besser mal ein Bierchen eben.

Lattek wähnte sich stets als Hans Albers der Bundesliga: "Ich kann saufen, und ich kann hart arbeiten." Den Zusammenhalt zu fördern war Latteks Stärke, ein Arbeiter mit viel Gefühl. Wer ihn kennenlernt, der trifft einen sensiblen Menschen, der laut bellt, wenn er angegriffen wird. Und als Schutz davor eine Maske der Allmacht vor sich herträgt: "Ich bin so von mir überzeugt, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, keinen Erfolg zu haben." Den hatte er bei Bayern München und bei Borussia Mönchengladbach sowie in Spanien - als Pokalsieger beim FCBarcelona. Dass er als halbrüstiger Rentner im Jahr 2000 Borussia Dortmund in fünf Spielen vor dem Abstieg gerettet und dafür Unsummen kassiert hat, amüsiert den bekennend geizigen Ostpreußen noch heute.

Zuvor drohte er Anfang der 90er Jahre auf Schalke als wandelnde Werbesäule im papageifarben gescheckten Trainingsanzug und mit Baseball-Kappe des Sponsors auf dem Kopf seinen Ruf zu verspielen. Udo Lattek wirkte nur noch wie eine billige Kopie des einstigen Meistermachers. Insgesamt 15 Titel hat Lattek geholt, erfolgreicher war hierzulande nur Ottmar Hitzfeld.

Am Samstag wird er 75 Jahre alt. Und Sonntag früh sitzt er doch wieder auf seinem roten Plüschsessel. Mit ostpreußischer Disziplin - und gefragter Meinung. Egal welche. Auch dafür muss man Udo Lattek wohl von Herzen gratulieren.

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