Wenig Aufklärungswert durch Dopingstudie

Berlin (dpa) - Großer Aufwand, viele Erwartungen und reichlich Ärger: Die Studie zur Aufarbeitung der Dopinggeschichte in Deutschland liefert nur einen bedingten Aufklärungswert. Denn Namen von verantwortlichen Funktionsträgern und dopenden Sportlern fehlen.

„Wir und die Wissenschaftler müssen uns an Gesetze halten, die Persönlichkeitsrechte schützt“, rechtfertigte Jürgen Fischer, der Direktor des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp), in Berlin das Fehlen von Namen. Fischer und Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), betonten, dass die Studie gar nicht darauf angelegt worden sei, „Einzelfälle darzustellen. Es ging nicht darum, einzelne Personen und Verantwortliche zu nennen“, so Fischer. Es sollten vielmehr Strukturen der Dopingpraktiken nachgezeichnet werden. Fischer sprach von einer „irrigen Erwartungshaltung“ an die Studie.

Der Sporthistoriker Erik Eggers, der an der Studie mitarbeitete, kann diese Darstellung nicht akzeptieren. „Ich wüsste nicht, was dagegen spricht, die Namen zu nennen“, sagte der Forscher, der beklagte: „Wir hätten jeden Namen juristisch prüfen lassen müssen. Wenn wir das gemacht hätten, wären wir erst 2080 fertig geworden.“ Eggers gehört zu der Gruppe der Berliner Forscher der Humboldt-Universität, die im vergangenen Herbst in der Präsentation der zweiten Studienphase brisante Ergebnisse zum Anabolika-Missbrauch in den 70er Jahren in Westdeutschland geliefert hatte.

Die Gruppe war allerdings vor dem angepeilten Abschlussbericht ausgestiegen, weil aus ihrer Sicht Geldmittel fehlten und in die wissenschaftliche Arbeit eingegriffen worden sei. „Wir hätten gerne unsere Forschungsergebnisse präsentiert. Für die Phase nach dem Mauerfall hätten wir Neuigkeiten zum Forschungsstand liefern können“, meinte Eggers.

Somit ist das Projekt vorerst gescheitert. „Das bedauern wir sehr“, sagte DOSB-Generaldirektor Vesper. Dennoch wollen das BISp, das die Studie mit knapp einer halben Million Euro finanzierte, und der DOSB die angefangene Arbeit abschließen. „Ich kann versichern, dass das Projekt zu Ende geführt wird, wie es geplant war“, sagte Fischer. Er will notfalls ohne den Beitrag der Berliner Forscher die Studie beenden: „Dann muss sie neu ausgeschrieben werden.“ Geldmittel würden zur Verfügung gestellt werden.

In Berlin waren nur die Wissenschaftler von der Universität Münster zugegen. Diese hatten zusammen mit der Berliner Gruppe im Jahr 2009 die Studienarbeiten begonnen. In ihrem Vortrag ging es um strukturelle Probleme in der Doping-Aufarbeitung nach dem Mauerfall. Dabei wurde die Rolle der Medienberichterstattung beleuchtet. Eines der nicht neuen Fazits lautete: Die Berichterstattung über nationale Erfolge im vereinigten Deutschland verdrängte die über das Doping.

In Berlin konnten die HU-Forscher ihre angefangene Arbeit nicht präsentieren. Das werden sie jedoch am 8. November an der Viadrina Universität in Frankfurt/Oder. Dort findet das Symposium „Probleme gesamtdeutscher Doping-Aufarbeitung“ statt.

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