Verzockt und verpfiffen

Der Bundestrainer wehrt sich in der Vertragsdebatte – und verschärft die handfeste Krise.

Düsseldorf. Am Sonntag wird DFB-Präsident Theo Zwanziger Joachim Löw wieder in die Augen schauen. Bei der EM-Qualifikations-Auslosung in Warschau zeigt sich dann, ob aus der Sympathie zwischen beiden nach diesem Donnerstag Misstrauen und Verärgerung erwachsen sind. Es gäbe Grund dazu: An dem Tag, an dem der DFB die Vertragsverlängerung des Trainerteams auf Eis gelegt und bis nach der Fußball-WM vertagt hat, ist ein Orkan durch Fußball-Deutschland gefegt. Ein virtuelles Stück Papier, das noch nicht verfasst aber schon besiegelt schien, ist Grundlage einer handfesten Krise.

Wie tief der Riss ist, bestätigen die Aussagen Löws am Freitag. "Von unserer Seite wurde ein verhandelbarer Vorschlag vorgelegt, uns dagegen wurde ein nicht-verhandelbares Angebot zugestellt, über das ich innerhalb von 48 Stunden entscheiden sollte", sagte der Bundestrainer am Freitag. Die sportliche Leitung habe sich "ganz bewusst" nicht konkret zur Vertragssituation geäußert. "Umso verwunderter sind wir über die plötzlich in der Öffentlichkeit diskutierten angeblichen Vertragsdetails. Dadurch sind viele Unwahrheiten in Umlauf gekommen", sagte Löw.

Zu den verbreiteten Unwahrheiten zähle auch die veröffentlichte Meinung von DFB-Präsident Theo Zwanziger, der von einer Einigung berichtet hatte. "Einen Handschlag-Vertrag hat es zum Beispiel nicht gegeben."

Fragen bleiben: Warum insistierten Löw und Bierhoff völlig unvermittelt auf inakzeptable Vertragsinhalte? Glaubt man internen DFB-Stimmen, so waren die Mitglieder des Aufsichtsrates total überrascht, als Bierhoff Bonuszahlungen in Jahresgehältern und ein Vetorecht für sich bei künftigen Besetzungen des Trainerjobs beansprucht haben soll.

Weniger die für den Verband zu meisternden Zahlungen dürften das Problem sein, als vielmehr die Grundsätzlichkeit der Angelegenheit: Dass der DFB als mächtiger Apparat einen Staat im Staate - wie der Trainerstab mit Bierhoff wirkt - niemals zulassen kann. Dieses Misstrauen durchzieht den DFB, seit es dort Klinsmann gab. Natürlich werden auch Rechnungen zwischen Konservativen und Reformern beglichen. Die Gelegenheit ist günstig.

Bierhoff und Löw, getrieben von sportlichen und wirtschaftlichen Erfolgen der neu etablierten Marke Nationalmannschaft, sind Opfer ihrer Selbstsicherheit geworden. Ein Urvertrauen in die eigene Stärke, das den DFB herausfordern musste. Jetzt stehen alle Beteiligten vor den Trümmern.

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