Turnliga moniert Südamerikareise der Auswahl

Berlin (dpa) - Zwischen der Deutschen Turnliga und dem Deutschen Turner-Bund herrscht dicke Luft. Mit scharfen Worten haben Vertreter der Liga den DTB-Präsidenten Rainer Brechtken und Sportdirektor Wolfgang Willam wegen des Zeitpunktes der Südamerikareise der Nationalmannschaft kritisiert.

Der DTL-Vorstandsvorsitzende Ralf Neumann warf dem Präsidenten des Deutschen Turner-Bunds (DTB) in einer Pressemitteilung „Arroganz und Unwissenheit“ vor. Hintergrund des Streits ist die Tatsache, dass der DTB offenbar einige Athleten zu der Reise vom 4. bis 18. Oktober zwangsverpflichtet hatte, die im Vorfeld des Wahlkongresses des Weltturnverbandes (FIG) von Donnerstag bis Samstag in Cancun/Mexiko stattfand. Dort stellt sich DTB-Sportdirektor Willam der Wahl zum FIG-Vizepräsidenten. Zeitgleich fanden zwei DTL-Kampftage statt, an denen Vereine auf ihre Auswahl-Turner verzichten mussten.

Brechtken hatte in der „Stuttgarter Zeitung“ behauptet, die Turnliga sei über den Termin der Reise informiert gewesen „und hätte entsprechend reagieren können.“ Der Nachrichtenagentur dpa sagte Brechtken, die Planungen der Auswahlreise stünden seit über einem Jahr fest. „Sie wurden mit den DTB-Athleten besprochen. Wenn diese Absprachen der DTL nicht bekanntgewesen sind, müssen wir schauen, wo die Kommunikationsdefizite lagen und wie sie zu beheben sind“, erklärte Brechtken.

Der Geschäftsführer des MTV Stuttgart, Karsten Ewald, erhob schwere Vorwürfe gegen den DTB. „Wegen der Olympischen Spiele haben wir in Kauf genommen, dass die DTL ihr Programm in acht Wochen im Herbst durchzieht. Wir können nun aber nicht akzeptieren, dass wir unseren Turner Sebastian Krimmer für die Wahlkampf-Reise des Herrn Willam abstellen müssen. Unser Abstieg aus der DTL könnte die Folge sein“, beklagte Ewald im Gespräch mit der dpa. „Und dann hält man es nicht mal für nötig, uns darüber zu informieren, dass er mit auf die Reise gehen musste“, schimpfte Ewald. „Herr Willam lebt in einem Elfenbeinturm und wollte seine Wahlkampfreise durch Südamerika mit Turnern würzen“, fügte er hinzu.

Im Gegensatz zu den beiden Olympia-Stars Marcel Nguyen und Fabian Hambüchen mussten die anderen London-Teilnehmer an der Tour durch Brasilien und Chile teilnehmen, wo kein Wettkampf auf dem Kalender stand. Darunter hatten mehrere Liga-Vereine zu leiden. „Der DTB hat immer noch nicht begriffen, welche Rolle die Liga für die Leistungs-Pyramide und das Hinterland spielt“, empörte sich Ewald weiter. „Die DTL ist für den DTB der reinste Kindergarten. Die Funktion der Vereine wird völlig unterschätzt. Dass die Vereine die Turner nur über die Liga bei der Stange halten, interessiert den Verband einfach nicht.“ Ewald brachte den Vergleich zur Fußball-Bundesliga, wo es undenkbar sei, dass die Stars einfach mal für 14 Tage zu einer Werbe-Tour ins Ausland reisen.

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