Wetterchaos in Melbourne: erst Hitze, dann Gewitter

Melbourne (dpa) - Um 13.52 Uhr Ortszeit hatten die Veranstalter in Melbourne endlich ein Einsehen. Am dritten Hitzetag nacheinander unterbrachen die Macher der Australian Open bei Temperaturen von fast 44 Grad die Tennisspiele auf den Außenplätzen und setzten die sogenannte Extreme Heat Policy in Kraft.

Wetterchaos in Melbourne: erst Hitze, dann Gewitter
Foto: dpa

Rund vier Stunden lang brutzelten die blauen Hartcourts im Melbourne Park fortan unbenutzt vor sich hin, nur in den beiden großen Stadien wurde unter geschlossenem Dach weiter gespielt. Die übrigen Profis und Zuschauer suchten im Schatten oder in den Katakomben nach Abkühlung.

Als dann ab kurz nach 18.00 Uhr wieder begonnen wurde, kam diese unverhofft von ganz oben. Regen und Hitzegewitter sorgten für eine weitere mehrstündige Pause und dafür, dass der Spielplan beim ersten Grand-Slam-Turnier der Saison kräftig durcheinandergewirbelt wurde.

„Ich hätte lieber in der Hitze gespielt“, sagte Michael Berrer. Der Stuttgarter hatte neben Florian Mayer als einziger Deutscher die zweite Runde erreicht. Gegen den Spanier Feliciano Lopez verlor er aber mit 4:6, 6:7 (6:8), 4:6. „Die Luftfeuchtigkeit war schon extrem“, sagte der Schwabe. „Das hasse ich total.“ Dennoch zog der Qualifikant ein zufriedenes Melbourne-Fazit. „Es hat Spaß gemacht“, sagte die Nummer 144 der Welt.

„Es ist schon brutal, da draußen zu sein“, sagte Boris Becker, der ab 12.00 Uhr mit seinem Schützling Novak Djokovic auf dem Platz gestanden hatte. Der Titelverteidiger flüchtete nach gut 45 Minuten in den kühlen Fitnessraum, auch Becker stemmte dort noch ein paar Gewichte. „Es ist, wie es ist, man muss bereit für diese Bedingungen sein“, sagte der dreimalige Wimbledonsieger. Djokovic ist an diesem Freitag wieder dran, auch dann soll es in Melbourne noch einmal brutale Hitze geben.

Die Spieler brachten ihren Unmut über die ihrer Meinung nach zu spät getroffene Entscheidung zur Hitzepause am vierten Turniertag deutlich zum Ausdruck. „Es liegen viele Fragen in der Luft, die beantwortet werden sollten“, forderte Maria Scharapowa mit Blick auf den Wert, der sich aus einer Mischung aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit bemisst. „Nicht einmal die offiziellen Physios wissen Bescheid.“

Die Russin musste bei ihrem 6:3, 4:6, 10:8 gegen Karin Knapp aus Italien 3:28 Stunden in der Hitze brüten. Für sie kam das Eingreifen der Organisatoren zu spät, weil ihre Partie in der Rod Laver Arena zu diesem Zeitpunkt bereits im dritten Satz war. Die Regel besagt aber, dass ein begonnener Durchgang zu Ende gespielt werden muss, ehe das Dach geschlossen werden darf. „Jeder weiß, dass es im dritten Satz keinen Tiebreak gibt. Das heißt, wenn du den Satz beginnst, bist du solange da draußen, bis es vorbei ist“, sagte Scharapowa verärgert.

Angesichts der brutalen Bedingungen bereits an den vergangenen beiden Tagen hätten sich viele ein früheres Eingreifen gewünscht. „Ich weiß nicht, was heute anders gewesen sein soll“, meinte die deutsche Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner. „Ich denke, der Druck ist zu groß geworden“, sagte Rittner angesichts zahlreicher Spieler-Beschwerden in den Pressekonferenzen oder via Twitter.

„Einige der Mädchen können nach ihren Spielen kaum noch sprechen, wenn sie zurück in die Umkleide kommen“, berichtete die Polin Agnieszka Radwanska, die Glück hatte, unter dem Dach der Hisense Arena spielen zu dürfen. Doch auch dort war es heiß. „Ich habe nach jedem Punkt daran gedacht, aufzugeben“, stöhnte der Brasilianer Tomasz Bellucci nach seiner Dreisatz-Niederlage gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga.

Die Organisatoren verteidigten trotz der größten Hitzeperiode in Melbourne seit mehr als 100 Jahren ihre zögerliche Haltung. „Das ist eine sehr durchdachte Strategie, nichts, was wir uns über Nacht überlegt hätten“, sagte Turnierdirektor Craig Tiley. „Ich muss das gesamte Turnier im Blick haben.“ Letztmals waren in Melbourne vor vier Jahren Spiele wegen der extremen Temperaturen unterbrochen worden.

Angesichts der Hitze registrieren die Veranstalter einen Zuschauerrückgang. Doch Tiley freut sich trotzdem auf die nächsten Tage. „Wir werden sicher keine Besucherrekorde in diesem Jahr vermelden, dafür aber Qualitätsrekorde.“ Da die Temperaturen aber erst am Samstag fallen sollen, wird er mit seiner Freude noch einen Tag allein sein.

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