Schinden für Erfolg: Waske macht Petko und Co. fit

Offenbach (dpa) - Spätestens seit den Erfolgen von Andrea Petkovic und Angelique Kerber ist die Schüttler/Waske-Akademie in Offenbach in aller Munde. Leiter und Ex-Davis-Cup-Spieler Alexander Waske hat klare Vorstellungen, was die Tennisspieler mitbringen müssen, um Erfolg zu haben.

Von außen sieht es Auf der Rosenhöhe 68 in Offenbach so aus wie auf jeder Tennis-Anlage. Ein paar Ascheplätze, ein kleiner Parkplatz, ein kleines Bistro - nichts deutet daraufhin, dass sich hinter den grauen Wänden der Sporthalle Deutschlands derzeit erfolgreichste Tennis-Schmiede, die Schüttler-Waske-Akademie, verbirgt. Doch drinnen angekommen wird einem schnell klar, dass dies nicht irgendeine Tennishalle ist. Auf einem der vier Plätze hetzt Andrea Petkovic, Nummer zehn der Welt, den Bällen hinterher, die ihr Cheftrainer Benni Ebrahimzadeh zuspielt. „Das war eine ganz normale Einheit“, sagt der in Saarbrücken geborene Iraner, als die deutsche Nummer eins nach 90 Minuten ausgepumpt den Court verlässt.

Im vergangenen Winter hat Petkovic erstmals in der „Tennis University“ der beiden früheren Davis-Cup-Spieler Rainer Schüttler und Alexander Waske trainiert. Danach stürmte sie bei drei Grand-Slams ins Viertelfinale. „Ich schätze vor allem die moderne und fortschrittliche Art hier“, sagt die 24 Jahre alte Darmstädterin.

Waske verfolgt das Treiben auf den Courts durchaus mit Stolz in den Augen. Von morgens bis abends ist der 36-Jährige auf der Anlage, wenn er nicht gerade irgendwo auf der Welt Doppel spielt. Denn obwohl ihm die Ärzte nach seiner schweren Ellenbogen-Verletzung im Davis-Cup-Halbfinale vor drei Jahren in Moskau prophezeit hatten, seine Karriere sei zu Ende, hat sich der Hesse zurückgekämpft. „Für das Einzel reicht es nicht mehr, Doppel geht aber, auch wenn es viel Einsatz und Disziplin erfordert.“

Einsatz und Disziplin - das ist es, was er auch von den Spielern und Spielerinnen erwartet, die in seiner Akademie trainieren. „Ich verlange von jedem, der hierherkommt, dass er bereit ist, alles aus sich rauszuholen. Ich bin nicht bereit, bei jemandem die Motivation von 60 auf 70 Prozent zu heben“, sagt Waske.

Als er vor eineinhalb Jahren anfing mit der Akademie, war außer ihm und Ebrahimzadeh nur ein Profi aus Indien da. Inzwischen trainieren 31 Spieler in Offenbach, neben Petkovic auch Angelique Kerber. Die Kielerin wusste im vergangenen Jahr nach mehreren Erstrundenpleiten nicht mehr weiter. Auf Anraten von Petkovic kam sie in die Akademie - drei Monate später stand sie bei den US Open im Halbfinale. Auch jetzt trainiert sie wieder in Offenbach. „Das ist die schlimmste Zeit, die ich bislang mitgemacht habe“, sagt Kerber, wissend, dass es ihr in den kommenden Wochen helfen wird.

„Wir erleben seit dem vergangenen Sommer einen absoluten Boom, sind total ausgebucht“, erzählt Waske. Doch was ist das Geheimnis der Akademie? Nur die Fitness, durch die Petkovic und Kerber inzwischen bestechen? „Wir werden immer als Fitnessakademie hingestellt. Das trifft es aber nicht“, sagt Waske. Vielmehr legen er und seine Mitstreiter Wert darauf, die Spieler technisch besser zu machen. Das Training wird zum Teil per Video aufgezeichnet, um den Schützlingen zu zeigen, was sie zum Beispiel bei der Beinarbeit falsch machen.

„Wir überlassen nichts dem Zufall, arbeiten auf jedem Gebiet mit Experten zusammen“, sagt Waske, der einen Traum hat. „Wenn die Leute auf der Tour einen Spieler sehen, dann sollen sie sofort erkennen, das ist einer von Waske und Schüttler.“ Auf dem besten Weg dorthin ist Cedrik-Marcel Stebe. Von Platz 387 verbesserte sich der 21-Jährige in diesem Jahr auf Rang 81. Fit, athletisch, druckvoll - so stellt sich Waske seine Spieler vor. „Ich traue ihm noch viel zu“, sagt Schüttler lobend über den aufstrebenden Youngster.

Waskes beste Platzierung als Profi war zwar nur Position 89, dennoch nehmen ihm die Jungs und Mädchen in der Akademie die Philosophie ab. „Das ist das, was ich in meiner Karriere gelernt habe“, sagt der vierfache Turniersieger im Doppel. Das größte Problem im deutschen Tennis ist für ihn die Schnittstelle zwischen Jugendlichen und Profis. „Da geht viel verloren. Es nützt nichts, wenn sie in ihren Landesverbänden die Nummer eins sind und dort weiter jeden schlagen. Sie müssen hierherkommen und wieder von unten anfangen“, sagt Waske, und es blitzt in seinen Augen.

In der Akademie gibt es daher einen Dresscode. Shirts von Roger Federer oder Rafael Nadal sind verboten. „Ich sage ihnen immer, he, das sind nicht eure Vorbilder, sondern eure Gegner. Bringt ihnen Respekt, aber keine Verehrung entgegen“, sagt Waske. Und wenn Petkovic, Kerber oder eine andere irgendwann ein Grand-Slam-Turnier gewinnt, dann ist es ein bisschen auch sein Titel.

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