Kerber will bei US Open Druck ausblenden

New York (dpa) - Ein Rekordpreisgeld von 46,3 Millionen Dollar, endlich ein Dach über dem größten Tennisstadion der Welt und erneut die historische Chance für Angelique Kerber:

Kerber will bei US Open Druck ausblenden
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Wenn am Montag in New York das rummeligste Grand-Slam-Spektakel des Jahres beginnt, muss Deutschlands Nummer eins alle Nebengeräusche und Störfaktoren ausblenden. Die Australian-Open-Siegerin, Wimbledonfinalistin und Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele kann ihr fantastisches Jahr 2016 mit der Übernahme der Spitzenposition krönen.

Doch all die Rechnerei, wie weit sie selbst bei den US Open kommen und wie sehr sie auf die zuletzt schwächelnde Serena Williams oder theoretische Konkurrentinnen um Platz eins wie Garbine Muguruza und Agnieszka Radwanska schielen muss, kontert Kerber mit Gelassenheit.

Am traditionellen Arthur Ashe Kids' Day schreibt sie bei stechender Hitze am Samstag nach einer 60-minütigen Trainingseinheit mit Julia Görges geduldig Autogramme. Einem Zweijährigen, der sich ihr auf dem Weg in die Umkleidekabine mit einem dieser riesigen gelben Tennisbälle in den Weg stellt, schenkt sie ihren Schriftzug und freut sich über die Aussage der Mutter: „Wir werden Sie anfeuern!“

Als es bei der traditionellen Pressekonferenz der Branchengrößen am Wochenende vor Turnierbeginn nur wenige Minuten bis zur Chance-auf-die-Nummer-eins-Frage dauert, antwortet Kerber ironisch-lächelnd: „Ich liebe diese Frage, ich liebe sie wirklich.“

Vor einer Woche hat sie diese Aussicht im Finale von Cincinnati gelähmt. Als erst zweite Deutsche überhaupt nach Steffi Graf wäre Kerber die Nummer eins im Damen-Tennis. Sie würde die jüngst angeschlagene Serena Williams nach 186 Wochen vom Tennis-Thron stoßen. Von einem Leben im Konjunktiv aber hält Kerber nichts.

„Der Druck und die Erwartungshaltung sind immer da. Überhaupt diese Chance zu haben, bedeutet schon sehr viel. Sollte der Tag kommen, ist es großartig, aber ich werde mir deshalb nicht zu viel Druck auferlegen“, sagte sie. Vor einem Jahr wurde die Linkshänderin nach ihrem Drittrunden-Aus in Flushing Meadows Zeugin, wie die sonst so dominante Serena Williams an genau diesem Druck zerbrach und die Möglichkeit auf alle vier Major-Titel in einem Jahr verspielte.

Auch in den kommenden zwei Wochen geht es für die 35 Jahre alte Amerikanerin wieder um ein Stück Tennis-Historie. Mit ihrem 23. Grand-Slam-Titel würde sie an Steffi Graf (22) vorbeiziehen. Zudem würde Williams mit dann 187 Wochen am Stück als Weltranglisten-Erste Deutschlands Tennis-Legende auch diesen Rekord abjagen. „Ich denke nur von Tag zu Tag“, sagte Williams und gab sich trotz ihres ungewissen Fitnesszustandes und der leicht lädierten Schulter zuversichtlich.

Auch Kerber setzt zumindest nach außen auf Leichtigkeit. Früher als sonst reiste sie nach New York, ging shoppen auf der Fifth Avenue, spazierte durch den Central Park und fuhr mit dem Schiff zur Freiheitsstatue. „Das habe ich zum ersten Mal gemacht. Ich habe mich wie ein echter Tourist gefühlt“, erzählte die Weltranglisten-Zweite.

Spätestens in ihrem Erstrunden-Match am Montag gegen Polona Hercog aus Slowenien ist es mit dem Entspannungsmodus aber vorbei. Als eine von acht deutschen Profis ist Kerber im Einsatz. Auch die Spiele von Andrea Petkovic, Anna-Lena Friedsam, Sabine Lisicki, Mona Barthel, Carina Witthöft, Mischa Zverev und Dustin Brown sind am Eröffnungstag im völlig umgebauten Flushing Meadows Corona Park angesetzt.

Als drittes der vier großen Turniere haben nun endlich auch die US Open ein Dach über dem Center Court. Am Wochenende hat Kerber erstmals unter der neuen Konstruktion trainiert. „Es sieht viel größer und ein bisschen anders aus“, sagte sie. Am Samstag, 10. September, findet das Damen-Finale im Arthur-Ashe-Stadium statt.

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