Tennis: Die Modebühne Wimbledon

Tradition trifft Moderne: Londons „Heiliger Rasen“ ist für die Profis Tennisplatz und Laufsteg zugleich.

London. Der akkurat frisierte Rasen in Wimbledon ist derzeit nicht nur Schauplatz für Spitzentennis. Er ist auch eine Modebühne. Zwar sucht der Zuschauer grelle Farben und auffällige Muster vergeblich, weil bei dem Traditionsturnier alle Sportler überwiegend in Weiß spielen müssen - kurze Kleidchen, knielange Hosen und extravaganter Haarschmuck machen den heiligen Rasen dennoch in seiner Nebenrolle zum Laufsteg der Tenniswelt.

Während die Sportler sich in den modernsten Outfits zeigen, repräsentieren die Uniformen der Offiziellen Tradition.

Die Wimbledon-Offiziellen wirken traditionalistisch, konservativ, irgendwie "very British". Dabei hat ein Amerikaner ihre Uniformen kreiert: Ralph Lauren. Bis 2010 ist der Designer exklusiver Wimbledon-Ausstatter.

Und der hat sich für die Linienrichter und Co. eine beigefarben-blaue Uniform ausgedacht, die an eine englische Schuluniform erinnert. Ihr Markenzeichen ist die weiße Schiebermütze. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, eins ist bei diesem Outfit aber unbestritten: Es sticht ins Auge.

Wer Arm-Muskeln hat wie der Spanier Rafael Nadal, will sie auch zeigen. Und so präsentierte sich Nadal in seiner Begegnung gegen den Amerikaner Mardy Fish mit ärmellosem Hemd. Seine strammen Oberschenkel versteckte er hingegen unter einer knielangen Hose. Ein breites Stirnband hielt seine schulterlange Haarpracht.

Auch Nicolas Kiefer fällt bei seinem Comeback im Spitzentennis durch ein modisches Accessoire auf: Sein handbreites Stirnband strahlt das Publikum förmlich an.

Wo es strikte Regeln gibt, gibt es auch Rebellen. Die Französin Tatiana Golovin sorgte für Aufsehen, weil sie unter ihrem weißen Minikleidchen eine rote Unterhose trug. "Darf das sein?", fragten sich die Traditionshüter, schauten ins Regelbuch und mussten feststellen, dass der Farbtupfer erlaubt ist. Denn die Hose gehört in die Kategorie "Unterwäsche" - und dafür gibt es selbst in Wimbledon noch keine Farbvorschriften.

Auch Venus Williams’ knappe Hotpants bei ihrem Zweitrundensieg gegen die Tschechin Hana Sromova hätten durchaus als Unterhose durchgehen können; allerdings trug die tennismodisch schrille Amerikanerin darüber kein Röckchen. Dafür aber ein Bustier über dem Trägertop. Verkehrte Welt.

Weisse Tradition Als Maud Watson 1884 als erste Frau Wimbledon gewann, war weiße Kleidung populär, weil sie Schweißflecken gut versteckte. Watson trug bei ihrem Finalsieg ein weißes Kostüm mit Gesäßpolster.

Petticoats Dorothea Lambert Chambers war in Wimbledon zwischen 1903 und 1914 sieben Mal erfolgreich - und trug teilweise Petticoats und Korsetts.

Lange Hosen Yvon Petra war 1946 der letzte Mann, der Wimbledon in langer Hose gewann.

Rüschenunterhose Gertrude Moran revolutionierte im Damen-Finale von 1949 mit ihrem kurzen Tenniskleid und einer Rüschenunterhose darunter die Tennismode.

gezähmter Rebell Paradiesvogel Andre Agassi verzichtete von 1988 bis 1990 auf die Teilnahme an Wimbledon, weil ihm die Kleiderordnung nicht passte. 1991 betrat er dann erstmals doch den heiligen Rasen zur Überraschung aller ganz in traditionellem Weiß. Mit einer Radlerhose unter einer kurzen Tennishose setzte er trotzdem einen neuen Modetrend.

London. Thomas Haas hat sich einen sportlichen Traum erfüllt und im neunten Anlauf zum ersten Mal in seiner Karriere das Achtelfinale in Wimbledon erreicht. Der 29-Jährige bezwang gestern nach einer starken Leistung bei den 121. All England Championships den Russen Dimitri Tursunow mit 1:6, 6:4, 7:6 und 6:4. In der Runde der letzten 16 am Montag könnte er nun auf den Schweizer Titelverteidiger Roger Federer treffen, der in der dritten Runde in Marat Safin (Russland) allerdings eine schwere Aufgabe zu bestehen hatte. (Partie bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet). Nicolas Kiefer (Hannover) hat heute in der Partie gegen den Weltranglisten-Fünften Novak Djokovic die Chance, es Haas gelich zu tun.

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