Olympia-Bewerbung auf Prüfstand

Hamburg (dpa) - Ein Herbst ganz im Zeichen der Sommerspiele 2024 - so hatten sich die Macher der deutschen Olympia-Bewerbung die Stimmung in Hamburg kurz vor dem Referendum erhofft. Doch die Realität sieht einen Monat vor dem Volksentscheid etwas anders aus.

Olympia-Bewerbung auf Prüfstand
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Die Flüchtlingspolitik bestimmt die öffentliche Debatte, dazu kommen die Negativ-Schlagzeilen rund um die Fußball-WM 2006 in Deutschland. Und so befürchtet Hamburgs Sport-Ikone Uwe Seeler, dass die Fußball-Affäre negative Auswirkungen auf die Olympia-Bewerbung haben könnte. Es gebe bestimmt viele Menschen, die „alles über einen Kamm scheren“, sagt Seeler der Deutschen Presse-Agentur. Er hoffe aber, „dass wir nicht unter der Affäre leiden“.

Selbst Olympia-Vorkämpfer wie Hamburgs Sportbund-Chef Jürgen Mantell äußern die leichte Sorge, „dass die Leute oftmals die internationalen Verbände in einen Topf schmeißen. Dann sind FIFA und IOC das Gleiche.“ Und so hofft er, dass den Bürgern diese Trennung bewusst gemacht werden kann und diese ihr Stimmverhalten auch nicht von den jüngsten Negativ-Schlagzeilen rund um die WM-Vergabe 2006 abhängig machen. Am 29. November rechnet Mantell jedenfalls weiter mit einem klaren Ja der Hamburger zu den Olympia-Plänen. „Ich hoffe beim Referendum auf etwa 70 Prozent.“

Mehmet Yildiz, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, blickt dem Tag der Entscheidung hingegen mit gänzlich anderen Erwartungen entgegen. Er habe bei seinen jüngsten Terminen festgestellt, dass vor allem viele junge Leute der Meinung seien, mit den für Olympia einkalkulierten Milliarden solle zum Beispiel besser Flüchtlingen geholfen werden, sagt Yildiz. Sein Eindruck: „Ich merke, dass die Stimmung kippt.“ Das Referendum werde knapp ausgehen. „Es wird Fifty-Fifty sein.“

Sollte sich seine Prognose bewahrheiten, wäre dies ein Schlag ins Kontor für SPD-Bürgermeister Olaf Scholz und dessen rot-grünen Senat. Denn alles andere als eine Zustimmung von 60 Prozent plus X würde der Hansestadt im Wettstreit mit Los Angeles, Paris, Rom und Budapest wohl keinen Schwung verleihen. Das weiß auch Sportstaatsrat Christoph Holstein, dessen Amt Scholz eigens für die Olympia-Bewerbung geschaffen hat. „Je höher die Zustimmung desto deutlicher das Signal an die Welt und das IOC: Hamburg könnte zeigen, dass wir nicht nur können, sondern auch wollen“, sagt Holstein. Zuletzt waren bei einer Umfrage 63 Prozent der Hamburger für eine Bewerbung.

Das Thema Flüchtlinge will Holstein positiv besetzt wissen - gerade im Rahmen der Olympia-Bewerbung. Das beeindruckende Engagement für Flüchtlinge in Hamburg entspreche den olympischen Werten, sagt er. „Das kann sich positiv auf die Bewerbung auswirken.“

Und dass der Bund die von Scholz geforderten 6,2 Milliarden Euro noch nicht zugesagt hat, darin sieht Holstein ebenfalls kein Problem. „Wir sind sicher, dass wir mit dem Bund zu einer guten Einigung kommen.“ Scholz hatte bei der Vorstellung des Finanzplans erklärt, die Spiele würden insgesamt 11,2 Milliarden Euro kosten, 7,4 Milliarden davon kämen auf den Steuerzahler zu. Hamburg selbst sei in der Lage, 1,2 Milliarden zu stemmen - und nicht mehr.

Für den „unwahrscheinlichen Fall“, dass es zu keinem Arrangement mit der Bundesregierung komme, würde er natürlich seiner Verantwortung und seinem Amtseid gerecht werden und die Finanzen der Stadt Hamburg nicht ruinieren, hatte Scholz angekündigt. Oder anders ausgedrückt: Sollten die Zuschüsse nicht hoch genug sein, würde er auch ein Ja der Bürger beim Referendum ignorieren und die Bewerbung absagen.

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