Ja oder Nein - Bürger votieren über München 2022

München (dpa) - Olympi„Ja“ oder „NO“lympia - der Bürger hat das letzte Wort. Nach einem Wahlkampf mit harten Bandagen können am Sonntag rund 1,3 Millionen Bayern mit ihrer Stimme grünes Licht für einen weiteren Anlauf Münchens um Olympische Winterspiele geben.

Ein Nein würde die vom deutschen Sport einträchtig angestrebte Kandidatur für das Spektakel auf Eis und Schnee im Jahr 2022 abrupt beenden. Der designierte Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, sprach von einer „Entscheidung mit zeitlicher oder historischer Tragweite“.

Eine Absage der Menschen käme wohl einem endgültigen Aus für ein Wintermärchen in Bayern gleich. „Womöglich darauf zu hoffen, dass nach 2018 und 2022 automatisch eine dritte Kampagne 2026 folgen würde, wäre sicher ein großer Fehler“, sagte Hörmann am Freitag in München. Die Gegner würden in einem Nein eine „Signalwirkung im Kampf gegen die Kommerzialisierung des Spitzensports“ bewerten, wie Hubert Weiger, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz in Deutschland, entgegnete.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zeichnet sich bei den insgesamt vier Bürgerentscheiden in München, Garmisch-Partenkirchen sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden ab. Dafür sorgen schon die unterschiedlichen Voraussetzungen. „Wir müssen viermal gewinnen, unsere Gegner nur einmal“, beschrieb Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) die Ausgangslage.

Das breite Bündnis der Befürworter aus Sport, Politik und Wirtschaft benötigt einen 4:0-Sieg. Die Gegner würden auch dann triumphieren, wenn es an nur einem der vier Abstimmungsorte mehr Nein- als Ja-Stimmen geben sollte. Die Wahllokale sind von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Erste Ergebnisse könnten bis 19.00 Uhr vorliegen. In Garmisch-Partenkirchen sind es lediglich knapp 21 000 Stimmberechtigte, in München dagegen rund eine Million.

Ude ist davon überzeugt, dass die Mehrheit in Bayern und auch in Deutschland für Olympia ist und 2022 helle Begeisterung an Schanzen, Pisten oder Eislaufflächen herrschen würde. „Aber sie können nicht für ein in neun Jahren stattfindendes Ereignis die Leute jetzt schon in Verzückung versetzen“, bemerkte er skeptisch. Die Bürger nur wenige Wochen nach einer Landtags- und Bundestagswahl erneut an die Urnen zu locken, könnte mitentscheidend sein. Das große Interesse an der Briefwahl lässt aber erwarten, dass die notwendigen Quoren (Stimmenzahl) an allen vier Standorten klar erreicht wird.

Einig waren sich Befürworter und Gegner auf der Zielgeraden des Wahlkampfes immerhin darin, dass das Bürger-Votum eine „super Sache“ sei, wie Grünen-Politikerin Katharina Schulze vom Bündnis „NOlympia“ es ausdrückte. Der Kampf war intensiv, sogar in der Münchner S-Bahn wurde mit Aussagen für „O-Ja“ geworben, was die Gegner aufbrachte.

Finanziell und personell waren die Befürworter im Wahlkampf stärker, sie konnten auch viel Prominenz aufbieten. „Aus meinem Gefühl und der Erfahrung heraus kann ich sagen: Wir brauchen die Spiele“, sagte Franz Beckenbauer, der als Leitfigur die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte. Nun könnten auch Olympische Spiele mal wieder in Deutschland stattfinden - und das exakt 50 Jahre nach den Sommerspielen von 1972 erneut in München.

Nach der Niederlage gegen das südkoreanische Pyeongchang um die Winterspiele 2018 werben Ude und Co. mit einem überarbeiteten Konzept um Zustimmung. Neu hinzu als Wettkampfort käme Ruhpolding im Landkreis Traunstein mit seinem Biathlon-Zentrum, was vor allem zu einer Entlastung des Ski-Standortes Garmisch-Partenkirchen führen würde. 84 Prozent der Wettkampfstätten wären bereits vorhanden, lautet das Nachhaltigkeits-Motto der Olympia-Macher.

„Unser Konzept ist gegenüber dem hochgelobten von 2018 noch einmal verbessert“, meinte Hörmann. Investitionen in Infrastruktur und Wohnungsbau gelten als weitere Trümpfe, auch den Tourismus in Bayern soll ein Wintermärchen ankurbeln. „München 2022 - das wäre ein rauschendes Fest“, prophezeite DOSB-Generaldirektor Michael Vesper.

Die Widersacher befürchten statt eines Winter-Traumes einen Winter-Alptraum. Sie verweisen auf schädliche Eingriffe in die sensible Alpen-Natur und geißeln das Internationale Olympische Komitee (IOC), mit dem „Knebelverträge“ geschlossen werden müssten. Sie sagen eine Explosion der auf 3,3 Milliarden Euro veranschlagten Kosten voraus. Diese seien „mindestens so unbeherrschbar wie beim neuen Berliner Flughafen“, behauptete „NOlympia“-Vertreter Axel Doering. Die Bewerbungskosten sollen 29 Millionen Euro betragen und wie bei der gescheiterten ersten Kandidatur (33 Millionen Euro) größtenteils von der Privatwirtschaft bereitgestellt werden.

Der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich macht sich keine Sorgen um zu hohe Kosten für Olympia. „Die Einnahmen aus der Vermarktung der TV- und Sponsorenrechte und den Ticketverkäufen sollten für die Finanzierung ausreichen“, sagte der CSU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Schon jetzt sei ein Großteil der mit einer Olympia-Bewerbung verbundenen Infrastrukturmaßnahmen von öffentlicher Hand und privaten Investoren geplant und solle auch ohne Olympia realisiert werden.

Ude warf den Olympia-Kritikern zum Ende des Wahlkampfes „Fundamental-Opposition“ vor. Er sieht die Chancen für einen Zuschlag des IOC bei der Abstimmung im Juli 2015 in Kuala Lumpur ungleich besser als beim ersten Anlauf für 2018. Bis zum kommenden Donnerstag müsste die Bewerbung beim IOC in Lausanne eingereicht werden. Hauptkonkurrent dürfte dann Oslo sein. Dazu wollen Almaty (Kasachstan), Peking, Lwiw (Ukraine) und Krakau antreten. „Wir müssen keinen Konkurrenten fürchten“, erklärte Ski-Präsident Hörmann selbstbewusst - immer ein positives Votum der Bürger vorausgesetzt.

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