Vesper zu Drygalla: „Es geht immer um die Person selbst“

London (dpa) - Nach der Abreise der Ruderin Nadja Drygalla aus dem olympischen Dorf hat sich der Chef de Mission und Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper, am Freitag bei einer Pressekonferenz in London geäußert.

Nadja Drygalla hat das Team verlassen. Können Sie uns - Sie haben mit ihr gesprochen - die Gründe dafür erläutern?

Vesper: „Sie hat in dem Gespräch keinen Zweifel daran gelassen, hat das auch glaubwürdig gemacht - so wie ich meine -, dass sie voll und ganz hinter den Werten der olympischen Charta steht, voll und ganz hinter den Prinzipien, die der DOSB in seiner Satzung vertritt. Und dennoch hat sie am Ende entschieden, dass sie die Mannschaft, dass sie das olympische Dorf jetzt verlässt, um jede mögliche Belastung von der Mannschaft zu nehmen. Das habe ich begrüßt. Das ist der Sachverhalt. Den haben wir gestern Abend auch noch verbreitet.“

Wie haben Sie die Berichte erhalten? Ist sie noch im privaten Kontakt mit dieser Person, die sich im rechtsradikalen Milieu bewegen soll?

Vesper: „Also, erreicht hat uns dieses Thema durch Anfragen von Journalisten und einen Internetbericht. Und wir haben uns dann gleich damit beschäftigt, auch gleich mit ihr das Gespräch gesucht, um das so schnell wie möglich zu klären. Ich möchte jetzt auch nicht so sehr in ihre Privatsphäre eingreifen, ob ich etwas sagen soll über ihre persönliche Beziehung. Das ist für uns auch nicht der entscheidende Punkt. Der entscheidende Punkt ist, wie sie selber denkt und wie sie selber zu den demokratischen Grundsätzen steht. Da habe ich persönlich jedenfalls aus dem gestrigen Gespräch keinen irgendwie dagegenstehenden Eindruck gewonnen.“

Sind Sie in die Gespräche gegangen mit der Haltung, dass sie für die Beziehung zu einem mutmaßlichen NPD-Mitglied das Team verlassen muss?

Vesper: „Das, was Sie jetzt gesagt haben, nicht. Ich habe sie erstmal gefragt. Sie hat die Dinge aus ihrer Sicht geschildert. Ich habe ihr das Problem deutlich gemacht. Ich bitte auch zu bedenken: Das ist eine 23-jährige junge Frau. Und wir haben dann intensiv über die ganze Entwicklung und auch ihre eigenen Haltungen gesprochen. Das Gespräch hat - wenn ich das jetzt richtig schätze, ich habe keine Stoppuhr laufen lassen - sicherlich 1,5 Stunden gedauert.“

Hat sie sich in ihrem Gespräch distanziert vom Nationalsozialismus oder von rechtsradikalen Attitüden?

Vesper: „Ja, selbstverständlich. Das war auch völlig zweifelsfrei. Wenn wir irgendeinen Hinweis darauf hätten, dass irgendein Mitglied dieser Mannschaft fremdenfeindlich wäre, solche Tendenzen hätte - Sie brauchen nur mal in unsere Präambel zu schauen, wer nicht eine klare Absage an Gewalt erteilt und, und, und -, wenn wir da nur einen leisesten Hinweis in diese Richtung hätten, wäre diese Person nicht Mitglied unserer Mannschaft. Aber es geht immer um die Person selbst. Es kann nicht um das Umfeld gehen. Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Beziehung eines Mannschaftsmitglieds im persönlichen Umfeld, also zum Freund oder zu einer Freundin zu bewerten. Ich habe schon viele Aufgaben, aber mit der Aufgabe wäre ich wirklich überfordert.“

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