Olympia-Pfarrer Weber - Trost für Medaillenlose

London (dpa) - The Winner Takes It All - an die Botschaft des alten Abba-Songs möchte Olympia-Pfarrer Thomas Weber nicht glauben. Für ihn und seinen katholischen Kollegen Hans-Gerd Schütt haben im Gegensatz zur medialen Wahrnehmung auch die Medaillenlosen bei Olympia Aufmerksamkeit verdient.

„Wir gehören nicht zum System Hochleistungssport“, betonte Weber im dpa-Gespräch. „Wir haben Zeit zum Zuhören, ohne dass es am nächsten Tag in der Zeitung steht“, ergänzte der 52-jährige Theologe aus Gevelsberg bei Wuppertal.

Weber wartet nicht, dass die Aktiven auf ihn zukommen. Er hat in London kein Büro, er geht auf die Menschen zu. Auf Sportler, Trainer, Betreuer oder die vielen Angehörigen, die er an den Wettkampfstätten trifft. „London ist nicht aus der Welt. Hier ist keiner allein“, berichtete der erfahrene Olympia-Pfarrer. Er ist zum vierten Mal bei Olympia und weiß, dass viele Teilnehmer einen fünften Platz als „Versagen“ einstufen und sich selbst als „Nieten“ fühlen.

„Bruchteile von Sekunden entscheiden über Sieg und Niederlage. Damit muss man erst mal fertig werden“, sagte Weber. Gleichwohl sehen sich die beiden Sportpfarrer nicht nur als Seelsorger und Tröster. Die Stimmung im Lager der Wildwasser-Fahrer faszinierte ihn. „Wir wollen auch dort sein, wo gefeiert wird. Das Leben ist super schön“, erklärte der evangelische Theologe.

Mit seinem katholischen Kollegen Schütt praktiziert er die Ökumene. Pfarrer Christian Dieckmann von der Deutschsprachigen Katholischen Gemeinde London hat die beiden deutschen Olympia-Pfarrer und ihren österreichischen Kollegen Pater Bernhard Maier bei sich aufgenommen. „Wir bilden eine Vier-Mann-WG in einem muslimisch geprägten Stadtviertel“, berichtete Weber.

Zum fast schon traditionellen Ökumenischen Gottesdienst erschienen am Sonntagabend auch DOSB-Präsident Thomas Bach und Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), im Deutschen Haus. Die Pfarrer gedachten der Opfer des Olympia-Attentats von München 1972.

Für den EKD-Präses, der die Predigt hielt, leisten die Olympia-Pfarrer eine wichtige Arbeit. „Sie nehmen die Sportlerinnen und Sportler auch jenseits der Schlagzeilen wahr“, sagte Schneider. „Gottes Zuneigung gilt nicht nur Siegerinnen und Siegern.“

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