Silber mit Gold-Aussicht

Magdalena Neuner läuft um 1,5 Sekunden am Sieg vorbei, will aber bei Olympia „noch viel Spaß haben“.

Whistler. Magdalena Neuner steht zwischen mannshohen Regalen mit dem Rücken zur Wand - und genießt es. Das Gewehr auf dem Rücken, die Ski in der Hand und mit einem Strahlen im Gesicht beantwortete sie nach der dem Sprint über 7,5 Kilometer geduldig die Fragen, die von rechts, links und sogar von höherer Stelle auf sie prasseln. Einige Medienmenschen sind im Pressezelt auf die Regalschlucht geklettert, um die erste deutsche Medaillengewinnerin der Spiele von Vancouver mit ihren Fragen bedrängen zu können: Waren Sie vor ihrer Olympia-Premiere nervös? Ärgert Sie dieser eine Schießfehler? Warum haben am Ende 1,5 Sekunden zu Gold gefehlt?

Magdalena Neuner

Magdalena Neuner hat eine Gabe. Es ist ihr Lächeln. Es ist ihr Gemüt. Wenn in einer Frage Kritik versteckt ist, dann packt sie diese charmant aus und wickelt mit einem Lächeln alle um ihren kleinen Finger. Die sechsmalige Weltmeisterin stellt klar: "Man kann alles schlechtreden. Ich habe beim Schießen neun Mal getroffen und bin mit Silber total zufrieden. Mit einer Olympia-Medaille wird man schon auch ein bisschen zur Legende."

Die 23 Jahre alte Wallgauerin hat sich im Sprint selber verblüfft. "Ich wundere mich über mich selber, habe keinen Druck verspürt", sagt Magdalena Neuner. "Es war ein normales Rennen." Und doch nicht. Anastasia Kuzmina aus der Slowakei hatte bei Regen 19:55,6 Minuten vorgelegt, Marie Dorin aus Frankreich 20:06,5. Als Neuner auf die Zielgerade skatete, kletterte einer der slowakischen Trainer am Schießstand hektisch über einen Zaun zu seinen Kollegen, um den Schlusssprint von Magdalena Neuner besser verfolgen zu können. Er und alle 4200 Zuschauer im Stadion wussten: Das wird knapp.

Es war knapp. Neuner lief 19:57.1 Minuten - und die Slowaken tanzten. Sie wussten: Wer Magdalena Neuner schlägt, der hat gewonnen. Und sie wussten auch: Anastasia Kuzmina, die 25 Jahre alte Vize-Weltmeisterin im Massenstart, hatte das erste Gold für die Slowakei bei Olympischen Winterspielen geholt. Der Sieg der Slowakin zeige, dass Olympische Spiele eben doch ihre eigenen Gesetze haben, sagte Uwe Müssiggang, der Cheftrainer der deutschen Frauen.

Den besten Job hat Magdalena Neuner selber gemacht. In dem sie vor dem Wettkampf formuliert hat, nach Möglichkeit Gold zu holen. "Dadurch habe ich mich von dem Druck, der von außen kam, freigeschaufelt", erklärt sie. "Ich mache das hier nur für mich alleine." Sie habe vor allem mental hart gearbeitet. Auch in der tiefen Loipe. "Ich habe schon gedacht, dass ich die Kraft habe, die zwei, drei Sekunden zu Anastasia zulaufen zu können. Aber am letzten Anstieg habe ich gemerkt, dass nichts mehr ging." Und dann sagt sie noch: "Wir werden noch viel Spaß haben."

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