Schwimmerin Janine Pietsch: Neustart am Beckenrand

Die Diagnose Brustkrebs beendete ihre Karriere: Janine Pietsch hat den Kampf gewonnen und kehrt nun als Trainerin zurück.

Berlin. 28 Jahre ist eigentlich kein Alter, um eine Trainerkarriere zu beginnen. Eigentlich sollte Janine Pietsch in Berlin als Schwimmerin um Zeiten und WM-Normen kämpfen. Eigentlich strotzen Leistungssportler vor Gesundheit. Krebs aber kann jeden treffen. Als die Kurzbahn-Weltmeisterin von 2006 über 50 und 100 Meter Rücken im November 2008 ihre Brustkrebs-Erkrankung öffentlich machte, ließ sie von Beginn an die Öffentlichkeit an ihrem Schicksal teilhaben. Sie kämpfte gegen die Krankheit. Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin steht sie in dieser Woche erstmals als Trainerin am Beckenrand.

„Das ist für mich eine sehr schöne Erfahrung. Ich bin seit einer Woche so aufgeregt wie früher auch“, sagt Janine Pietsch. 13 Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren einer Münchner Trainingsgruppe betreut sie in Berlin. Nach schweren Jahren geht es ihr wieder gut. „Was den Krebs betrifft ist es bestens, alles hervorragend. Ich fühle mich eigentlich besser als davor“, resümiert sie, gibt aber unumwunden zu: „Die Angst wird immer bleiben, das ganze Leben lang.“

Mit ihrer Zeit als Leistungssportlerin hat sie schon länger abgeschlossen, ein Comeback ist kein Thema mehr. „Ich hatte ja lange überlegt, aber es hat sich herausgestellt, dass es körperlich nicht mehr geht“, erklärt Pietsch, die bis 2014 eine Hormontherapie machen muss. „Das heißt, ich bin plötzlich in die Wechseljahre versetzt worden, mit allen Nebenwirkungen, die eine ältere Frau hat: Migräne, Hitzewallungen, Muskelabbau, Gewichtszunahme. Von daher ist Leistungssport gar nicht mehr möglich.“

Dem Leistungssport als Aktive Adieu zu sagen, „war nicht schwer. Mir geht es seitdem einfach viel, viel besser. Ich vermisse da nichts mehr“, sagt die 28-Jährige. Die Botschafterin der deutschen Krebsgesellschaft und Patin einer Rehaklinik hielt nichts davon, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. „Man muss einfach viel mehr drüber reden, um es den Leuten einfacher zu machen“, sagt sie. Mit ihrer Gruppe sprach sie über ihre Krankheit. „Sie konnten mir jede Frage stellen und hatten keine Berührungsängste.“

Als Trainerin will sie dem Nachwuchs vermitteln, dass der Sport nicht alles ist. „Bei mir ist die Schule an erster Stelle, dann kommt erst das Training. Wenn jemand krank ist, darf er bei mir nicht trainieren. Da lege ich großen Wert drauf“, sagt Pietsch sehr bestimmt. Trotzdem habe ihr das Sportlerleben genutzt. „Der Biss aus dem Sport, das Kämpfen, das Positivdenken hat mir auch während der Chemo weitergeholfen. Gerade wenn man so fertig ist, dass man sich nicht aus dem Bett bewegen kann.“ Für die berufliche Zukunft will sie ihre persönlichen Erfahrungen nutzen: „Ich würde gerne in einem großen Unternehmen Kurse Richtung Motivationscoaching und Krisenbewältigung geben.“

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