Schalke 04 macht die Spieler-Interviews jetzt selbst

Der Ruhrgebietsklub hat mit der eigenen Pressearbeit und Spielern wie Kevin Kuranyi zu kämpfen.

Gelsenkirchen. Die Geschwindigkeit, die der FC Schalke 04 in den vergangenen Tagen vorgegeben hat, ist schier atemberaubend. Erst wird Mittelfeldspieler Fabian Ernst noch kurz vor Ende der Transferperiode nach Istanbul transferiert. Jefferson Farfan trotz des richtungweisenden Spiels gegen Werder Bremen auf Kurzurlaub nach Peru geschickt. Und Kevin Kuranyi verkündet seine Unzufriedenheit mit seiner Situation in Gelsenkirchen - und macht sich damit selbst für vermeintliche Interessenten interessant.

Diese bemerkenswerten Vorgänge werden zudem von einer neuen Medienoffensive flankiert, bei der der Club so überschwänglich arbeitet, dass die Betreiber ihre Informationen auf der vereinseigenen Homepage, die auch den Sportredaktionen der Republik in die Stube flattern, ständig überarbeiten müssen. Das Chaos hat wie schon so oft bei diesem Ruhrgebietsklub Einzug gehalten.

Vor allem das Verhalten Kevin Kuranyis macht deutlich, dass die Konfusion in Schalke eine neue Dimension erhalten hat. Nachdem der 26-Jährige in den vergangenen drei Jahren trotz der Schmähungen der Anhänger seinem Arbeitgeber stets Loyalität gegenüber hat walten lassen, schien für ihn nun offenbar der richtige Zeitpunkt gekommen, öffentlich Kritik anzubringen. "Wir werden sehen, ob der Klub auf mich zählt", sagte Kuranyi, der einen Vertrag in Schalke bis 2010 besitzt, vor laufenden Kameras. Das danach zügig auf der Klub-Internetseite im Namen Schalkes veröffentlichte Interview mit dem Angreifer, in dem er seine Motivation unterstreicht ("Ich laufe vor den Problemen nicht weg und beiße mich hier durch"), scheint angesichts seiner Flucht vor der Nationalmannschaft im vergangenen Jahr aus dem Dortmunder Stadion eher gewagt.

Der Klub droht das eigentliche Ziel, erfolgreich Fußball zu spielen, aus den Augen zu verlieren. Die vielen Nebenkriegsschauplätze lähmen die Profis auf dem Spielfeld. Andreas Müller hatte mit dem Rauswurf der konstant Unzufriedenen wie Albert Streit oder Peter Lövenkrands in der Winterpause versucht, für weniger Konkurrenzkampf und dadurch mehr Entspannung im Team zu sorgen. Doch die Gräben der Profis untereinander scheinen zu tief zu sein, als dass diese kurzfristige Maßnahme greifen könnte. Und die Akteure nehmen jede Gelegenheit wahr, erneut Unruhe zu stiften.

Müllers personelles Durchgreifen könnte demnach auch als wirtschaftlicher Vorgriff auf das mögliche Verpassen des internationalen Wettbewerbs gedeutet werden. Die bisherigen Abgänge dürften um die acht Millionen Euro Gewinn ausmachen und den üppigen Etat der Profiabteilung (rund 55 Millionen Euro) entlasten. Dass Kuranyi am Saisonende mit einem Vereinswechsel ebenfalls zur finanziellen Entspannung des Klubs beitragen wird, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort