Derby mit eigenen Gesetzen: Springen für die 2. Reihe

Hamburg (dpa) - Das deutsche Derby ist ein Klassiker im Springsport. An die Pferde stellt der Parcours in Hamburg Klein-Flottbek besondere Anforderungen. In den vergangenen Jahren standen in den Siegerlisten aber nur selten die ganz großen Namen.

Im Notizbuch von Bundestrainer Otto Becker für die Olympischen Spiele in London tauchen der Name von Andre Thieme und seines Pferdes Nacorde nicht auf. In der Weltrangliste liegt der Springreiter auf Platz 341. Beim Derby in Hamburg sind der 37-Jährige aus Plau am See und sein Wallach hingegen die Stars. Auf Plakaten wird überall in der Hansestadt mit dem dreimaligen Derby-Sieger und seinem Pferd für die Traditionsveranstaltung geworben - eine besondere Ehre.

„Nacorde hat das mehr als verdient. Er war das Maß aller Dinge in den letzten Jahren. Deshalb darf er für ein paar Jahre drauf sein“, sagte Thieme. „Es muss jetzt erst einmal jemand kommen und mehrmals gewinnen, um ihn abzulösen.“ Für den 17 Jahre alten Nacorde wird das Spingen in Hamburg der letzte Auftritt sein. Nach seinem achten Derby-Start am Sonntag wird er mit einem Bund Möhren feierlich verabschiedet.

Der Wallach und sein Reiter sind das beste Beispiel, dass der Klassiker im Hamburger Stadtteil Klein-Flottbek seine eigenen Gesetze hat. „Meist hat das Derby nichts zu tun mit Weltmeisterschaften, Europameisterschaften oder Olympische Spiele. Auch weil die Top-Pferde nicht eingesetzt werden“, erklärte Thieme.

Die meisten Reiter hätten nur einen oder bestenfalls zwei Superstars in ihren Ställen, sagte Thieme. Der Vize-Europameister Carsten-Otto Nagel sattelte beispielsweise bei seinem Derby-Sieg 2010 Lex Lugar und schonte Corradina für die WM.

Außerdem brauche ein Derby „eine akribische Vorbereitung“, erklärte Thieme: „Da konzentrieren sich die Reiter lieber auf höhere Aufgaben wie die Championate.“ Viele Reiter wollten ihre Top-Pferde auch nicht in Gefahr bringen. „Wenn die fünf solcher Superstars hätten, würden sie sicher einen einsetzen“, sagte der Mecklenburger.

Das Derby in Hamburg ist eben etwas Besonderes. Der Parcours ist seit 1920 beinahe unverändert. Mit 1230 Metern ist er wesentlich länger als ein normaler Kurs, Hindernisse wie Pulvermanns Grab und der Wall sind legendär.

Das Anforderungsprofil an ein gutes Derby-Pferd ist laut Thieme lang: Kraft, Ausdauer, Mut, Intelligenz, Sprungvermögen, Cleverness - das alles muss der vierbeinige Hochleistungssportler mitbringen. Nacorde hat das alles. „Das Gute ist bei ihm auch, dass er mitdenkt und reaktionsschnell ist“, berichtete der dreimalige Sieger. Ein reiner Derby-Spezialist ist der Wallach deshalb nicht. Immerhin hat er mehrere klassische Große Preise gewonnen und fünf Nationenpreise geritten.

Ein Pferd für andere schwere Springen hat Thieme allerdings nicht. Und so werden am Samstag beim Springen der Global Champions Tour andere Reiter ganz vorn dabei sein. Hamburg ist die dritte Station der lukrativsten Springsportserie der Welt. Thiemes großer Auftritt soll dann erst am Sonntag folgen.

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