Sechstagerennen brauchen Reanimation

Berlin (dpa) - Der Sechstagesport liegt im Sterben - Berlin und Bremen, wo gerade das 50. Jubiläum gefeiert wurde, halten in der einstigen Hochburg Deutschland einsam die Stellung.

Sechstagerennen brauchen Reanimation
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Beim Start des ältesten europäischen Rennens brachte der neue Berliner Sechstage-Chef Reiner Schnorfeil eine mögliche Kooperation mit Rennen in den Niederlanden und Überlegungen im Weltverband UCI zur Sprache, die zur Reanimation der Traditionsveranstaltung beitragen könnten.

„Nach Vorbild der Straßenrennen könnte die UCI Punkte verteilen, die den Wert der Rennställe und Fahrer steigern. Dann könnte ein Preisgeld für den Sieger von sagen wir mal 175 000 Euro gezahlt werden“, erklärte Schnorfeil am Donnerstag im Velodrom. „Wir würden gerne bekannte Straßenfahrer von der Tour holen, die unter anderen Konstellationen sicher eher bereit wären, zu starten“, meinte der neue Chef, dessen Rennen durch Sponsoren, Berliner Senat und das ungebrochene Publikums-Interesse (rund 12 000 Zuschauer zum Auftakt) noch rundherum abgesichert scheint. Verträge laufen in Berlin noch bis 2018.

Dortmund, Stuttgart und München haben sich als langjährige Sechstage-Standorte längst zurückgezogen. Immer wieder angeblich geplante Neuanfänge in Leipzig, Köln und Hannover wurden zu den Akten gelegt. In Herne war die geltende Sperrstunden-Regelung (nur bis 2300 Uhr) ein zu großes Hindernis. In der Saison 2013/14 gibt es europaweit nur noch neun Sixdays, in Grenoble wurde die Renndauer auf drei Tage halbiert. Die merkwürdige Mischung aus bierseliger Gaudi und Radsport der besonderen Art zieht nicht mehr so recht.

Das komplizierte wirtschaftliche Konstrukt Sechstagerennen, in dem Umweg-Renditen, Privatisierung und kommunale Interessen eine Rolle spielen, birgt ein hohes finanzielles Risiko. Das ist Schnorfeil, seit 2010 in Berlin ohnehin schon zu 50 Prozent Geschäfts-Anteilseigner, eingegangen und hat die restlichen 50 Prozent vom scheidenden Heinz Seesing (75) auch noch erworben. Aber anders als bei anderen Stationen ist die Drei-Millionen-Veranstaltung in Berlin (davon geschätzt rund 400 000 für Fahrergagen) fast noch ein Selbstläufer. „Ein Fels in der Brandung“, wie Seesing immer sagte.

Trotzdem mahnt Schnorfeil, bei den 103. Berliner Sixdays zum ersten Mal alleinverantwortlicher Geschäftsführer, dringende Innovationen an. Dazu könnte auch gehören, dass der im Moment noch eifrig auf der Bahn strampelnde Publikumsliebling Robert Bartko vielleicht in nicht allzulanger Zeit ins Management der heimischen Sixdays wechseln könnte. Zur Zeit übt sich der 38-Jährige noch im seltenen Dreikampf Radprofi - Sportfunktionär - Student.

Bartko ist ehrenamtlich im Landessportbund Berlin Vizepräsident Leistungssport, in Potsdam studiert er Sportmanagement und will im September seinen Bachelor machen. „Ich weiß nicht genau, wie lange ich noch fahre, sicher nicht mehr zehn Jahre. Es gibt dann verschiedene Möglichkeiten. Noch ist nichts spruchreif“, meinte der Doppel-Olympiasieger von Sydney, der sich auch vier Jahre als Straßenprofi im Telekom-Team und bei Rabobank versucht hatte.

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