Degenkolbs emotionale Rückkehr: „Erster Schritt“

Frankfurt/Main (dpa) - Sein Rad lässt John Degenkolb vorerst in der Ecke stehen. Das Comeback beim Klassiker „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ hat den deutschen Radstar an seine derzeitigen Grenzen geführt, aber auch viel Mut auf dem angestrebten Weg zurück in die Weltspitze gemacht.

Degenkolbs emotionale Rückkehr: „Erster Schritt“
Foto: dpa

„Ich muss mich erst einmal davon erholen und ein paar Tage Luft ranlassen. Für mich war das eine Extremsituation, denn diese Belastung habe ich sieben Monate lang nicht mehr gehabt“, sagte Degenkolb. „Damit muss ich erst mal klar kommen.“

Dennoch verbuchte er die Rückkehr in den Sattel gut drei Monate nach seinem Horrorunfall im Trainingslager in Spanien als vollen Erfolg. Selbst den Geschmack von Blut auf der Zunge konnte der Wahl-Hesse bei seinem Heimrennen genießen. „Es war ein sehr emotionaler Moment für mich“, berichtete Degenkolb. „Das war der erste Schritt auf dem Weg zur Tour.“

Die Frankreich-Rundfahrt im Juli ist das große Ziel des 27-Jährigen, für den die Saison nach einem schweren Trainingsunfall am 23. Januar bereits gelaufen schien. Eine betagte Britin war mit ihrem Van in die Trainingsgruppe des Giant-Alpecin-Teams gerauscht. Degenkolb verlor bei dem Crash fast die Kuppe seines linken Zeigefingers und zog sich einen Unterarmbruch sowie mehrere Schnittwunden zu. Als sichtbares Zeichen des Unfalls trägt er immer noch eine Schiene am Finger. „Schmerzen hatte ich aber keine“, berichtete er nach dem Rennen.

Mental hat er das Erlebte verarbeitet, da ist nichts zurückgeblieben. Davon konnten sich die rund eine Million Fans an der Strecke am Sonntag überzeugen. Degenkolb fuhr 150 Kilometer an der Spitze des Hauptfeldes mit, als wäre nichts gewesen. Erst dann verließen ihn die Kräfte, und Degenkolb stieg vorzeitig aus. „Ich hatte großen Bammel davor, ob es mir gelingt, den Knopf umzustellen und im Rennen Risiko zu gehen. Ich bin froh, keine Phobie zu haben, in Lücken reinzustecken. Das gibt mit Mut für die nächsten Wochen“, sagte er.

Sein Blick geht wieder voller Optimismus nach vorn. Nur beim Bremsen, das er wegen der Verletzung mit dem Mittelfinger erledigen muss, „fühle ich mich noch nicht hundertprozentig sicher“. Ansonsten sei es ein „gelungenes Comeback zum richtigen Zeitpunkt“ gewesen. „Es war ja nicht das einfachste Rennen, das ich mir ausgesucht hatte, um wieder zurückzukommen.“

Wenn die Strapazen abgeklungen sind, möchte Degenkolb die erste Rundfahrt in Angriff nehmen. „Ich hoffe, dass ich in Kalifornien fahren kann. Mal sehen, wie ich mich fühle, und was das Team plant“, sagte der Vorjahressieger von Paris-Roubaix und Mailand-San Remo. Die Schleife durch den US-Sonnenstaat beginnt am Pfingstsonntag. Ganz dick im Kalender angestrichen hat er sich aber den 2. Juli - dann beginnt in Mont St. Michel die Tour de France.

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