Radsport: Der Tourminator ist zurück

Lance Armstrong peilt seinen achten Toursieg an, bereitet vor allem aber eine Karriere in der Politik vor.

Düsseldorf. "Eines Tages müssen wir den ganzen Mist rund um Doping beenden." Es waren die Worte des Siegers, die eines triumphalen Rückkehrers. Alle schauten auf ihn an diesem schwülen Sommerabend in Luxemburg, als er sich erstmals das Gelbe Trikot der Tour de France überzog. Und: "Die Liebe zum Radsport müssen wir wieder entflammen, damit müssen wir bei dieser Tour de France beginnen."

Lance Armstrong hatte gesprochen, damals, 1999. Zehn Jahre später dürften diese Aussagen immer noch passen. Möglicherweise wird der nun schon 37 Jahre alte Amerikaner Ähnliches verkünden. Wie die Zeiten sich gleichen, weil auch der siebenfache Tour-Sieger wieder zurück gekehrt ist in seinen Sport, der weiter den Ballast des Dopings hinter sich her schleift. Mitte der 90er Jahre war er an Hodenkrebs erkrankt und kehrte als "neuer" Fahrer zurück. Vom Klassiker-Spezialisten war Armstrong zum Rundfahrer mutiert, sieben Tour-Erfolge in Reihe folgten. Nun kehrt er dem Privatleben den Rücken, vier Jahre Abstinenz von der Schleife durch Frankreich liegen dazwischen. Comeback-Lance. So steht er wieder im Mittelpunkt: Im zähen Ringen zwischen den alten Kräften, bei denen die Manipulation der Leistung zum Handwerkszeug gehörte, und denen, die etwas aus den Skandalen des vergangenen Jahrzehnts gelernt haben und Radsport als sogenannte saubere Beschäftigung ausüben wollen.

Letztgenannte Berufsfahrer kann man nur an ihren Worten messen. Die Rolle von Lance Armstrong, dem Patron des Pelotons, ist indifferent. Schließlich konnten die Doping-Fahnder ihn nie wirklich einkreisen. Und doch gibt es sechs Dopingproben von ihm aus dem Jahr 1999, die wissenschaftlich die Epo-Einnahme belegen. Rein juristisch hat das keine Bedeutung, weil es ohne positive B-Probe keine Anklage gibt. Am Lack des Texaners sorgte das für große Kratzer. Gerade in Deutschland, der Heimat seines langjährigen Widersachers und gefallenen Helden Jan Ullrich, steht er auf der Sympathieskala ganz unten. Doch es gibt auch andere Sichtweisen. Denn Lance Armstrong ist in den USA, wo normalerweise nur Football, Eishockey, Baseball und Basketball etwas zählen, nicht nur ein Gigant des Sports. Er ist eine Ikone der Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Eine halbe Milliarde Dollar soll seine Stiftung in den vergangenen Jahren an Spenden gesammelt haben zur Erforschung von Gegenmitteln und für den Kampf gegen die vielschichtige Krankheit. 2014 soll er außerdem eine Kandidatur für das Amt des Gouverneurs von Texas anstreben.

Zurück auf dem Rad dreht sich wieder vieles um ihn. Man sollte sich nichts vormachen, die Tour de France ist eine Geldmaschine, und als solche gibt es vorrangig die Kriterien Gewinn oder Verlust, erst dann kommt gut oder schlecht, ethisch oder unmoralisch. Armstrong bringt garantiert Quote wie zuletzt beim Giro d´Italia, ist in den USA eine Art lebende Werbekarawane und sorgt einfach allerorten für Schlagzeilen. Aufmerksamkeit ist nicht alles für das Spektakel in Frankreich, aber immens wichtig. Doch der Machtmensch aus Austin, der bislang alle Beschuldigungen und Anfeindungen überstanden hat, soll dennoch seine erste Niederlage bereits erlitten haben. Zu gerne hätte er die Astana-Equipe mit Stammsitz in Kasachstan in das Team Armstrong verzaubert. Die Rollenverteilung wäre dann einfach gewesen, der sportlich übermächtige Alberto Contador leichter zu zähmen. Dass sich Armstrong aber unterwirft, scheint schwer vorstellbar, auch wenn er just in Paris erklärte: "Es wäre mir ein Vergnügen, Alberto zu unterstützten." Ausgerechnet er, der den neuesten Nachrichten-Dienst namens Twitter fortlaufend mit Details aus seinem Leben füttert, der seine PR-Abteilung mittlerweile hat heißlaufen lassen und alle betören will mit seiner Offenheit und Öffentlichkeit, der keine Gage erhält und verschweigt, dass er millionenschwere Antrittsgelder von den Veranstaltern kassieren soll. Keine Frage, er will den achten Toursieg, wie immer alles auf einmal. Halt Armstrong 8.0.

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