Paralympics-Chef Craven: „Ein großartiger Erfolg“

Rio de Janeiro (dpa) - Philip Craven hat gleich zum Auftakt der Eröffnungsfeier einen für alle bewegenden Auftritt. Der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) sitzt in einem Videoclip vor einer Anzeigetafel, der Flug nach Rio de Janeiro ist gestrichen, er wählt Belém.

Paralympics-Chef Craven: „Ein großartiger Erfolg“
Foto: dpa

Dann macht sich Craven von dort im Rollstuhl auf zu einer virtuellen Reise, ist beim Capoeira, am Strand, beim Cristo. Dann taucht er leibhaftig im Maracanã auf, großer Jubel brandet auf. Die Cariocas, wie die Einwohner Rios genannt werden, sind begeistert. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur zieht er im Ruder- und Kanustadion gut gelaunt ein Zwischenbilanz der Paralympics.

Sir Philip Craven, die Befürchtungen waren die Schlimmsten, nun sind es fröhliche Spiele in Rio vor vollen Rängen. Was ist passiert?

Philip Craven: Als Präsident studiere ich Stimmungen, ich lese nicht viele Berichte oder Zeitungsartikel im Vorfeld. Ich war mir immer sicher, wenn wir die Herzen der Cariocas, der Sportfans gewinnen, dann kann das hier ein großer Erfolg werden. Das ist hier passiert. Aber noch besser: Familien brachten all ihre Kinder, ihre Großeltern mit, um dabei zu sein. Wir hatten ähnliches in London, der Olympia-Park war so voll, dass man sich kaum bewegen konnte. Das Gleiche ist auch hier der Fall. Ein großartiger Erfolg. Ich bin sehr, sehr glücklich.

Sind das nach Ihrer Meinung die bisher besten Paralympics?

Craven: Man kann das nicht vergleichen. Spiele in Peking sind einmalig, das ist China. London machte sein Ding und Rio auch. Wir hatten hier im Vorfeld enorme Schwierigkeiten. Und nun werden wir wohl mehr als zwei Millionen Zuschauer in Rio de Janeiro haben.

Was hat sich - neben einer staatlichen Geldspritze - in wenigen Wochen so geändert, dass das Interesse derart zugenommen hat?

Craven: Vor den Olympischen Spielen gab es hier keine Werbung für die Paralympic-Tickets. Als die Cariocas erfuhren, welche Tickets es gibt und was sie lediglich kosten, zog der Verkauf an. 50 000 am ersten Tag nach den Olympischen Spielen, dann rund 100 000, dann bis zu 137 000 an einem Tag. Schnell war die Grenze von einer Million Tickets erreicht. Es hat sicher auch mit dem Erfolg der Olympischen Spiele am Ende zu tun, mit dem Schub durch den Erfolg Brasiliens in Mannschaftssportarten Volleyball und Männer-Fußball.

Was war für Sie persönlich einer der emotionalsten Momente?

Craven: Die Eröffnungsfeier, ganz sicher. Das war definitiv die beste Eröffnungsfeier, die wir je hatten. Emotional und wie sie die Brücke zu den Athleten geschlagen hat, mit dem schlagenden Herz, das war ein Beweis der Leidenschaft. Beim Sport war da zum Beispiel das Boccia-Finale zwischen Brasilien und Korea, es kam zu langen Debatten mit den Schiedsrichtern um einen Penalty kurz vor Schluss. Am Ende gewann Brasilien und das Dach der Arena fiel fast runter.

In Rio haben wir schon mehr als 140 Weltrekorde gesehen - aber 2015 gab es nur 1200 dokumentierte Doping-Tests weltweit im Behindertensport. Nehmen sie das Doping-Problem nicht ernst genug?

Craven: Doping-Tests kosten eine Menge Geld. Ich glaube aber nicht, dass es ein großes Problem gibt. Da ist etwas Doping, besonders im Gewichtheben. Wir vom IPC haben aber mit den Kollegen vom Gewichtheben eine Menge unternommen. Auch die Aufklärungsprogramme zeigen Erfolg. Was mit den Russen passiert ist, zeigt auch Effekte. Es ist ein anstrengender Weg, dem wir uns stellen müssen und für den wir entsprechende Ressourcen brauchen, gerade auch im Bereich aufwendiger, intelligenter Doping-Tests. Wir müssen unsere Mittel gezielt einsetzen. Wir müssen gezielt vorgehen in bestimmten Sportarten und wir müssen auch gezielt gegen bestimmte Athleten vorgehen. Und das machen wir. Aber das geht eben nur entsprechend unserer Mittel.

ZUR PERSON: Sir Philip Craven (66) war früher Rollstuhl-Basketballer und ist seit 2001 Chef des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC). Als Jugendlicher verunglückte der Brite beim Klettern, seither sitzt er im Rollstuhl. Es sind seine letzten Spiele als Präsident.

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