Özil – der neue Regisseur

Der Bremer Profi schenkt dem deutschen Spiel lange Vermisstes: Ideen, Vorlagen und ein Tor.

Leverkusen. Wenn sich Mesut Özil nach einem Fußballspiel notgedrungen zu Wort melden muss, klingt es immer noch ein wenig unbeholfen. Mesut Özil macht nicht gerne viele Worte, bescheiden und zurückhaltend formuliert er seine Sätze, fast flüsternd schildert er seine Eindrücke. Seine Aktionen auf dem Spielfeld sprechen da eine ganz andere Sprache.

Die Lobeshymnen des Boulevards nach dem 2:0 (1:0) über Südafrika waren zwar einigermaßen übertrieben, aber Akzente hat der Bremer gesetzt. Der 20 Jahre alte Deutsch-Türke, mit der U21 Europameister in Schweden, erfüllt alle Voraussetzungen, um der neue Regisseur der Fußball-Nationalmannschaft werden zu können.

Joachim Löw hält große Stücke auf ihn, gerade deshalb bemüht sich auch der Bundestrainer, nicht zu viele Worte um Mesut Özil zu machen. Da soll ein großes Talent nicht mit Erwartungen überfrachtet werden. Behutsam will Löw den Mittelfeldspieler aufbauen. "Wir können wirklich froh sein, so einen Klasse-Mann zu haben", sagt Mario Gomez weniger zurückhaltend. "Ich finde es gut, wenn vor mir noch eine Nummer10 spielt, einer, der die Bälle schleppt und verteilt", sagt Kapitän Michael Ballack.

"Er hat mich gut gecoacht", gibt Özil das Kompliment seines Kapitäns artig zurück. Özil ist einer, der das Spiel machen kann. Und will. Löw feierte das 2:0 auch deshalb als "ein Signal" für die verbleibenden drei Spiele in der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, die Aktionen des Bremers könnten wegweisend sein für das aller Voraussicht nach entscheidende Spiel gegen Russland in Moskau am 10. Oktober. "Das 2:0 war der Auftakt für die entscheidenden Wochen", sagt Löw.

Özil war in der 36. Minute der Ausgangspunkt einer Kombination über Michael Ballack zu Mario Gomez zum 1:0, in der 77. Minute krönte Özil seine Leistung mit seinem ersten Tor im ersten Länderspiel in der Startformation zum 2:0. Glänzend vorbereitet von dem eingewechselten Miroslav Klose. "Ich wollte der Mannschaft helfen, und das ist mir gut gelungen", sagte Özil. Er habe keinen Druck gespürt, "ich wollte nur so gut wie möglich spielen".

Dass die Spielmacherposition seine ist, unterstrich der Bremer dann aber auch noch einmal ganz demonstrativ: "Das ist meine Lieblingsposition." Özil habe dem deutschen Spiel "Kreativität gegeben", sagte der Bundestrainer. Löw war froh, dass sein Schachzug zumindest gegen die Südafrikaner Erfolg zeitigte, der auch ihm gut tut. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl seiner Kritiker ja nicht kleiner geworden ist. Per Mertesacker sprach zuletzt gar davon, dass die momentane Phase "entscheidend ist für die Zukunft des deutschen Fußballs".

So hoch will es der Bundestrainer nicht hängen, aber die vor ihm liegenden Wochen sind wegweisend. Löw will sich auf jeden Fall direkt für Südafrika qualifizieren und die Relegation unbedingt vermeiden. Und da könnte Mesut Özil zur Option werden, gegen Aserbaidschan in Hannover gab es am Sonntag eine Aufstellungsgarantie von Löw. "Ich bin glücklich über mein erstes Tor und dass wir das Spiel gewonnen haben. Ich bin überzeugt davon, dass wir auch das Spiel gegen Aserbaidschan gewinnen werden", sagt Özil. "Tschüss", sagt er noch, als er sich verabschiedet. Die Etablierten wenden sich meist grußlos.

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