Nach tödlicher Prügelattacke: Der Fußball in Schockstarre

Amateure prügeln einen Linienrichter tot. Ruf nach harten Konsequenzen.

Amsterdam. Auch am Tag nach der tödlichen Prügelattacke gegen einen niederländischen Linienrichter saß der Schock tief. Unisono forderten Sport und Politik am Dienstag ein hartes Durchgreifen und deutliche Zeichen gegen die Gewalt. Ajax-Coach Frank de Boer sagte stellvertretend: „Wie können die Sicherungen bei Jungs von 15 und 16 so durchknallen? Wir müssen etwas tun.“

Nach einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft in Amsterdam wird gegen die drei mutmaßlichen jugendlichen Täter wegen Totschlags ermittelt. Ihr Verein, der Amsterdamer Amateurclub SV Nieuw Sloten, hat seine Jugendmannschaft vorerst aus der Liga genommen.

Die 15- und 16 Jahre alten Jugendspieler hatten am Sonntag in Almere bei Amsterdam den 41 Jahre alten Richard Nieuwenhuizen vor den Augen seines mitspielenden Sohnes so schwer misshandelt, dass er einen Tag später seinen schweren Hirnverletzungen erlag.

Auch Fifa-Präsident Joseph Blatter reagierte schockiert. Er sprach dem niederländischen Verband in einem Brief sein tiefes Mitgefühl aus. „Fußball ist ein Spiegel der Gesellschaft und leider zeigen sich die gleichen Missstände, unter denen die Gesellschaft leidet — in diesem Fall die Gewalt — auch in unserem Spiel“, erklärte er. Er forderte, mit der positiven Kraft des Fußballs gegen die Gewalt vorzugehen. Der für Sport zuständige Beigeordnete von Amsterdam, Eric van den Burg, rief die Amsterdamer Amateurclubs auf, an diesem Wochenende nicht zu spielen. „In Amsterdam ist das bereits der zweite Tote in diesem Jahr durch Gewalt beim Amateurfußball. Das geht so nicht weiter“, sagte er im niederländischen Radio. Anfang des Jahres hatte ein 32 Jahre alter Spieler eines inzwischen aufgelösten Vereins einen 77 Jahre alten Zuschauer durch einen Karatetritt getötet.

Gewalt und Aggressionen sind auf niederländischen Fußballplätzen einer Studie zufolge oft Alltag. Der Verband registrierte im vergangenen Jahr 873 Vorfälle. 105 Mannschaften wurden aus den Ligen genommen, 74 Spieler lebenslang gesperrt. Aber die Gewalt greift auch in anderen europäischen Amateurligen um sich (siehe auch nebenstehende deutsche Chronik).

Der Verein des Opfers, der SC Buitenboys aus Almere, plant einen Schweigemarsch gegen die Gewalt. Nieuwenhuizen war regelmäßig als Linienrichter eingesprungen. Augenzeugen erklärten, dass die drei Amsterdamer Spieler über eine Abseitsentscheidung des Mannes wütend waren. Der Verein der mutmaßlichen Täter ist bereits früher durch Gewalt aufgefallen.

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