München 2018: Jetzt gilt's

Berlin (dpa) - München ist bereit: Nach dem knapp 43-monatigen Bewerbungsmarathon um die Olympischen Winterspiele 2018 hofft die Isar-Metropole bei der Abstimmung in Durban auf den Milliardenpreis.

Mit durchgestylten Strategien, emotionalen Versprechen und finanziellen Verlockungen wollen aber auch der südkoreanische Favorit Pyeongchang und der französische Mitstreiter Annecy beim finalen Votum am 6. Juli den Zuschlag erhalten. IOC-Präsident Jacques Rogge traut allen drei Städten zu, „tolle Spiele“ auszurichten, aber tatsächlich ist aus dem Dreikampf längst ein Zweikampf geworden. Annecy ist nur staunender Außenseiter.

„Wir fliegen mit großem Optimismus nach Durban. Unsere Botschaften sind angekommen. Das Echo ist zunehmend positiv“, sagte IOC-Vize Thomas Bach. Deutschlands bestens vernetzter Ober-Olympier ist das Superhirn der Kandidatur. Die Taktik und personelle Aufstellung der Münchner für die 45-Minuten-Präsentation in Durban stehen. München 2018 hat sich als klarer Gegenentwurf zu Pyeongchang positioniert, das nach zwei gescheiterten Bewerbungen im dritten Anlauf endlich Olympia-Gastgeber werden will. Die bayerische Landeshauptstadt wäre die erste Stadt, die nach Sommerspielen (1972) auch Winterspiele ausrichten darf.

Athletenfreundliche Spiele, ein krisensicheres Wintersport-Spektakel, gelebte olympische Nachhaltigkeit und ein revolutionäres Umweltkonzept sind Kernbotschaften des deutschen Großprojekts. Es sei an der Zeit, 2018, mehr als 80 Jahre nach den Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen (1936), der großen Wintersport-Tradition in Deutschland ein neues Kapitel hinzuzufügen, fordert Bach von seinen stimmberechtigten Kollegen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) - und doziert: „40 Prozent aller olympischen Einnahmen werden durch Winterspiele generiert.“ Münchens Frontfrau, die mit Bach bestens eingespielte zweimalige Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt, ergänzt: „Und 50 Prozent aller Sponsoren im Wintersport sind deutsche Unternehmen.“

Die regelmäßig bewiesene Wintersport-Begeisterung in Deutschland ist einer der Hauptunterschiede zu Pyeongchang. Die Südkoreaner bauen mit ihrem Konzept „Neue Horizonte“ auf den ungesättigten Wintersportmarkt im bevölkerungsreichsten Kontinent Asien und werben mit dem kompaktesten Sportstätten-Plan der Geschichte. Kulturminister Byoung-gug Choung überraschte zudem mit der Ankündigung, das südkoreanische Sportförderprogramm „drive the dream“ werde bis 2018 500 Millionen Dollar umfassen.

Im 119-seitigen Bericht der IOC-Evaluierungskommission über die technischen Voraussetzungen der Kandidaten lagen die Münchner fast gleichauf mit dem finanzstarken Favorit aus Fernost. „Mehr und mehr sind wir tatsächlich eine echte Alternative“, resümierte Witt, Bewerbungschef Bernhard Schwank betrachtet das Rennen inzwischen sogar als „absolut offen“. Über Annecy spricht kaum jemand. Selbst die französische Ski-Legende, IOC-Spitzenfunktionär Jean-Claude Killy, hielt sich mit öffentlicher Unterstützung für Annecys Olympia-Traum auffällig zurück.

„Wir fahren nach Durban und wissen, wir können gewinnen. Dass wir gewinnen wollen, wussten wir schon länger. Dass wir gewinnen können, hat sich in den letzten Wochen gezeigt“, sagte dagegen Bach. Nach zahlreichen PR-Pannen zu Beginn und nervenzehrenden Auseinandersetzungen mit den hartnäckigen Olympia-Gegnern haben sich die Münchner von Präsentation zu Präsentation gesteigert. Bundespräsident Christian Wulff hat die Kandidatur sogar zur Chefsache gemacht und wird die Delegation in Durban anführen. Südkoreas Präsident Lee Myung Bak stärkt beim entscheidenden Termin in Südafrika Pyeongchang den Rücken, nur Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy scheint sich die erwartete Abstimmungspleite lieber ersparen zu wollen und schickt stattdessen seine Sportministerin.

Ähnlich wie bei der Vergabe der Sommerspiele 2016 an Rio de Janeiro wird das IOC in Durban eine richtungsweisende Entscheidung treffen müssen. Will die Ringe-Regierung weiter das Erschließen neuer Märkte vorantreiben oder „zurück zu den Wurzeln des Wintersports gehen“ (Witt)? Mit ihrem großen Siegeswillen hat die 45-jährige Witt das Profil der Münchner Bewerbungsgesellschaft erheblich geschärft.

Pyeongchangs Olympia-Botschafterin Kim Yu-Na, Eiskunstlauf-Olympiasiegerin 2010, soll den Südkoreanern in ihrer Abschlussvorstellung den entscheidenden Kick und vor allem die gewünschte Emotionalität geben. Das sportpolitische Schaulaufen zwischen dem „Golden Girl“ aus Vancouver und der Eiskunstlauf-Diva aus Sachsen, ihrem vermeintlich großen Idol, wird von den internationalen Medien gehypt. Die Olympier bleiben gelassen. Der Russe Witali Smirnow erklärt: „Ich bin seit 40 Jahren im IOC und sagen Ihnen eines. Kein IOC-Mitglied lässt sich durch Charme überzeugen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort